Bremer
6-Tage-Rennen 2009 - Das einzige, was stört, sind die Radfahrer...
Alljährlich hatte meine Schwägerin Gabi mir vom Bremer 6-Tage-Rennen
vorgeschwärmt. Sie tat dies immer mit dem Satz "Das einzige, was
stört, sind die Radfahrer." Ich mag ja Partys, aber das ist für
einen Radsportler wie mich doch ziemlich irritierend. Nun war ich endlich
selbst dabei, an einem Freitag, was die These meiner Schwägerin nicht
wirklich erschütterte. Wer in erster Linie Radsport erleben will, sollte
den Freitag und Sonnabend besser meiden. Da wird zwar auch gefahren, aber
wenn Klaus & Klaus in der Haupthalle auftreten, dann haben die Radakteure
Pause und die Sau wird rausgelassen. Bester Radsporttag ist der Finaltag
am Dienstag, weil es da um die Entscheidung geht, welches Team die 6-Days
gewinnt und die Party in den Hintergrund getreten ist. Na klar, auch am
Freitag wurden Rennen gefahren. Im Vergleich zu Dortmund ist nicht nur die
Halle, sondern auch die Bahn kleiner, 166 statt 200 Meter lang. Das hat
auch Vorteile, weil man sich noch näher an den Akteuren wähnt und weil
die Manöver auf der auch schmaleren Bahn noch spektakulärer aussehen und
es sicherlich auch sind. Matthias und ich haben immer wieder gestaunt,
wie es den Fahrern gelingt ihren Teamkameraden in dem dichten Feld
anzusteuern. Dazu muss man wissen, dass die Fahrer abwechselnd volle
Pulle fahren, während sich der eine die Lunge aus dem Leib strampelt
rollt der andere nur locker dahin, bis er
eingeholt wird und der nächste Wechsel vollzogen wird. Dabei reichen sich
bei die Hand, wird der Schwung von dem einen an den anderen übertragen. Nach jedem Rennen wurden
die Gewinner geehrt und die jeweiligen Sponsoren in den Vordergrund
gerückt. Dass es ohne Sponsoren nicht geht, sollte jedem Radsportler klar
geworden sein, nachdem einige Rennen wegen fehlender Geldgeber weggefallen
sind. Zufällig waren wir dabei als gleich hintereinander zwei
neue Bahnrekorde über 1.000-Meter-Zeitfahren aufgestellt wurden. Mit einem Schnitt von
über 61 km/h waren
die Fahrer dabei unterwegs. Das ist in der Ebene ohne Windschatten eine irre Leistung.
Das Publikum honorierte dies mit viel Beifall. In den Kurven erzeugten
die Räder so viel Luftzug, dass einige Banner flatterten. Anders als in Dortmund
durften wir nicht lange an der Balustrade stehen, um zu fotografieren,
wurden immer wieder aufgefordert uns zu setzen. Nächstes Mal werd ich
versuchen eine Presseausweis zu ergattern. Die Derny-Rennen haben wir
über die Party in den Nebenräumen glatt versäumt, Steherrennen standen
leider nicht auf dem Programm. Als wir gegen 19:30 Uhr ankamen waren die
Hallen noch relativ leer, aber das änderte sich rasch. Je mehr Leute
hinzu kamen und um so mehr Alkohol floss um so besser wurde die Stimmung.
Wir sahen keine Schlägereien oder Schnapsleichen. Es war wirklich bis zum
Ende eine fröhliche Party. Einer meiner Favoriten war Peter Wackel
("Party, Palmen, Weiber und 'n Bier"). Der Mann hat eine tolle
Stimme und unglaubliche Bühnenpräsenz. Gleich danach kam für mich die
kostümierte Kapelle, die zu Musik vom Band nur etwas trommelte und Faxen
machte. Das aber tat sie mit so einer Begeisterung, dass der Funken
übersprang und das, obwohl sie einfach nur auf einem schmucklosen Gang
zwischen zwei Hallen stand. Am großen Milram-Stand ließen wir uns mit
Käse- und Milchdrinkproben verwöhnen, drehten am Glücksrad und gewannen
etwas, obwohl das Rad bei mir auf "Kein Gewinn" zum Stehen
geblieben war. Oben auf dem Stand fuhren wir ein Rennen auf der Rolle
gegeneinander. Matthias fuhr weiter, ich erreichte die höhere
Spitzengeschwindigkeit. Er gewann eine Trinkflasche, ich eine Klingel. Stadler
lockte mit einem Stand voller Sonderangeboten. Zwischen vielen alten,
dafür sehr billigen Kleidungstücken fand ich tatsächlich eine schicke
Jacke für mein Mädel und eine Mütze für mich, beides zum Spotpreis.
Der beste Fahrer auf der Rolle von Stadler gewann ein Rad. Kulinarisch
wurde alles aufgeboten, was ein Partygast denn zu Essen oder Trinken
gedenkt. Das reichte von Pommes über Fischbrötchen bis zum Ochsen am
Spieß. Matthias wählte eine Currywurst, ich einen Döner. Beides war
wirklich lecker, die Preise angemessen. Die Bedienung war überall
freundlich und teils selbst in Partylaune. Begeistert hat mich auch die
Präsentation der Speisen und Getränke. Es gab einige aufwendig
gearbeitete schöne Stände. Alles sah lecker aus und war es dann auch,
mit einer Ausnahme: Sorry liebe Bremer, aber für Hamburger wie uns ist es
eine harte Probe den ganzen Abend nur Euer Bier trinken zu müssen. Es gab
nur Becks Bier und Haake Beck und die passen beide nicht zu meinem
empfindsamen Gaumen. Vor allem in den vier "Nebenhallen" sah
man viele aufgebrezelte Damen und auf Ballermann kostümierte Herren. Wer
sich amüsieren wollte, der tat es. Es wurde getanzt und mitgesungen oder
genauer gesagt mitgegröhlt. Wer noch autofahren wollte, konnte seinen
Alkoholpegel von den uniformierten Promille-Girls testen lassen. Als wir wieder den AWD-Dome betreten
wollen, traten grad die Lokalmatadoren Klaus & Klaus auf die Bühne.
Damit erreichte die Stimmung ihren Höhepunkt. Ein Knaller norddeutschen
Liedgutes folgte dem nächsten. Die Leute feierten sich und das Leben. Der
Zugang zum Innenraum musste wegen drohender Überfüllung geschlossen. Ich
wurd richtig neidisch. So etwas fehlt in Hamburg. Während dessen lagen
die Fahrer unter der Bühne zur Ruhe. Zum Schluss kamen wir an den Stand
des Bremer Radsportverbandes. Lange Zeit plauschten wir mit Rennsport-Wart
Matthias Lange und RTF-Wart Gunnar Hunger. Die beiden stehen voller
Enthusiasmus die vollen sechs Tage an dem Stand. Wir sprachen über
Breiten-Radsport und ließen uns auch die 6-Days ein wenig erklären.
Nahezu jeder Tag ist anders. Es gibt Sonntags einen Frühschoppen und ich
glaub Sonnabends ein Familienprogramm. Wer mehr wissen möchte, wird von
der Webseite des Veranstalters nur ungenügend informieren. Die Bremer
erfahren wohl alles aus ihren Tageszeitungen. In Schulnoten ausgedrückt
würde ich für die Party an diesem Freitag in Bremen eine 1 geben, für
den Radsport nur eine 4, in Dortmund war es am gleichen Wochentag genau
umgekehrt. So oder so, beide Sechstage-Rennen waren ein Erlebnis für
mich. Ein Bild sagt bekanntlich mehr als tausend Worte. Hier kommen alle
57 Bilder vom Bremer 6-Tage Rennen Bericht
und Bilder vom Dortmunder 6-Tage Rennen
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