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BarberiaRadreise durch Kubas Westen 10.–27.04.09
oder "Blind Date in Havanna"

Von Karin B. aus Hamburg

Freitag, 10.04.09

Blind Date in Havanna! Oder endlich geht’s los, meine Radreise auf Kuba mit einem Unbekannten. Die wildesten Gedanken schwirren mir durch den Kopf. Von „Ich treffe meinen Traummann.“ bis „.. ich trinke ihn mir schön!“ Wieso? Bis sieben Tage vor meinem Abflug nach Havanna, dem Startpunkt der Tour, hatten sich keine weiteren Reiseteilnehmer angemeldet. Darum war ich schon seelisch darauf eingestellt, alleine bis an den westlichsten Zipfel der Insel zu radeln. Womit keiner mehr rechnete, passiert. Ein Mann aus Süddeutschland meldet sich noch spontan für die Reise an. Er spricht etwas Spanisch und Fahrradreparaturen sind für ihn kein Problem. Fazit: der perfekte Reisepartner für mich!

Der Flieger landet planmäßig, Passkontrolle und Einreiseformalitäten sind schnell überstanden (auf meinen Wunsch bekomme ich einen Stempel auf eine leere Passseite und kann jetzt nicht mehr nach den USA fliegen ….) und schon rotieren die ersten Koffer auf dem Laufband. Doch dann ändert sich die Situation: Das Laufband wird abgeschaltet, das Licht geht bis auf eine Notbeleuchtung aus und leichte Panik macht sich bemerkbar, denn die Reisenden stolpern über die in die Halle postierten Gepäckstücke. Ich zerre meine Tasche aus dem Stapel und warte danach geduldig in der Schlange am Bankschalter, um Geld zu wechseln.

Im Taxi ziehe ich meine warme Jacke wieder an, weil der Fahrer die Fenster schließt und dank der Klimaanlage winterliche Temperaturen schafft. Aber endlich schau’ ich aus meinem Hotelzimmer im vierten Stock auf’s Meer. Glücklich wieder in Havanna zu sein gehe ich schnurstracks zu meiner Lieblingsbar um die Ecke an der La Rampa, der Hauptschlagader Vedados, dem quirligen Stadtviertel, und werde durch den Patrone freudig begrüßt.

RumSamstag, 11.04.09

Nach dem Frühstück spaziere ich zur Reiseagentur, um die Räder zu holen. Danach zieht es mich zum Malecon, die 1926 fertig gestellte Uferpromenade Havannas. Wie immer sitzen Männer jeden Alters auf der Mauer und angeln. Außerdem beobachte ich junge Leute, die von der Mauer ins Wasser springen, immer gefolgt von einem Hund, der ebenso viel Spaß daran hat und der durch Unterstützung der leichten Dünung problemlos zurück auf die Felsen kommt.

Der Tag wird lang, weil Stefan, mein Reisepartner, erst kurz vor Mitternacht im Hotel eintrifft. Die Taktik unserer Tour besprechen wir bei einem (???) Mojito in meiner Lieblingsbar: Er kümmert sich um die Räder, ich übernehme die Reiseleitung.

Sonntag, 12.04.09

Wir inspizieren die Räder, testen die Halterungen der Packtaschen an den Gepäckträgern und starten unsere erste Tagesetappe. Da ich mich mittlerweile gut in Havanna auskenne und die Altstadt noch ziemlich touristenfrei ist, gibt es sightseeing by bike: Malecon, Altstadt, Calle Opispo, Bahnhof und eine große Tour durch den Hafen (incl. Mittagessen in einem netten Restaurant, wo uns der Kellner den Kaffee aus einem gegenüber liegenden Lokal holt) und Platz der Revolution (dort pfeift ein Polizist so lange bis wir merken, dass wir gemeint sind und absteigen). Überall genießen die Kubaner ihren Sonntag bei Musik und kühlen Getränken. Eine ältere Frau, die anscheinend schlecht zu Fuß ist, tanzt ausgelassen sitzend in ihrem Stuhl, vor sich eine Flasche Rotwein, die ihr Schwiegersohn spendierte. Wir genießen den Blick über die Bucht von Havanna bei einem Mojito im Park des Hotels National.

ZimmerMontag, den 13.04.09

Wir treffen uns mit dem Inhaber der Reiseagentur, der uns die Räder vermietet, die Tour ausgearbeitet und die Hotels gebucht hat. Außer unseren Hotelgutscheinen bekommen wir noch letzte Informationen und Tipps zur Route.

Das erneute Wechseln ein paar Euros in einer Bank ist urkomisch. Der junge Kassierer amüsiert sich köstlich über die Zahlenkolonne, fängt ständig neu an zu zählen und steckt die Umstehenden an, bis wir alle Tränen lachen……. warum auch immer!

Trotz anfänglicher Bedenken spaziert Stefan mit mir über den prachtvollen Friedhof Colon, bewundert Grabkammern bekannter Familien und schmachtende Engel. Bevor wir zur Marina Hemingway (Yachthafen ca. 30 km außerhalb der Stadt) radeln, trinken wir einen Kaffee und kaufen uns ein Stück Kuchen dazu nebenan in einer richtigen Bäckerei. Ein junger Mann ist neugierig, was wir mit den Rädern vorhaben und erzählt uns im perfekten Deutsch (mit Dialekt!) seine Geschichte: Er ist Argentinier mit Wohnsitz Dominikanische Republik, hat in Weinheim studiert, dort seine große Liebe, eine verheiratete Kubanerin, getroffen, die aber wieder zurück zu ihrer Familie nach Kuba flog. Weil er sie nicht vergessen konnte, wollte er sie jetzt in ihrem Heimatort suchen...

Von der Marina Hemingway bin ich enttäuscht. Plattenbauten und totale Überwachung, aber auch kleine Reihenhäuser und ein paar Yachten. In der Hochsaison hätten wir das Areal bestimmt nicht besichtigen dürfen. Auf der Rückfahrt winkt uns ein Mann heftig zu und ich freu mich. Allerdings wollte er uns nur zu verstehen geben, dass wir auf dieser breiten Straße nicht radeln dürfen!! In einem Vorortrestaurant lassen wir uns Hähnchen, Chips, schwarze Bohnen und Reis schmecken. Aus dem Ventilator über dem Nebentisch löst sich ein Flügel, der glücklicherweise niemanden verletzt. Beim Verlassen des Lokals streichelt sich die Kellnerin in kreisenden Bewegungen den Bauch und sieht mich fragend an. Ich schüttel’ mit dem Kopf und sage: nein, ich bin nicht schwanger! Stefan klärt mich auf, dass sie wissen wollte, ob mir das Essen geschmeckt hat!

SeeDienstag, den 14.04.09 – Havanna – Las Terrazas - ca. 85 km

Tag der Abfahrt: die Milch ist „aus“, der Kaffee schmeckt bitter und ich muss mich jetzt endgültig entscheiden, welche Dinge/Sachen ich mitnehme, denn das restliche Gepäck bleibt im Hotel. Die richtigen Straßen nach Westen zu finden ist gar nicht so schwierig wie ich dachte. Wir passieren das riesige Universitätsgelände, welches mich an den Baustiel von Albert Speer erinnert. Plötzlich stoppt ein kubanischer Radrennfahrer neben mir an einer Kreuzung. Der kürzeste Weg zu unserem ersten Etappenziel wäre die Autopista, klärt er uns auf. Aber wir bleiben auf der vorgeschlagenen Route, passieren Havannas Vororte, lassen uns von qualmenden Lastern einnebeln, beobachten in kurzen Momenten die Leute links und rechts, denn es tun sich immer wieder tiefe Löcher in der Straße auf, und sind leicht genervt von den öfters vor uns bremsenden alten Autos, die als Taxen die Straßen auf und ab schleichen.

Es hügelt und wir kämpfen gegen den starken Wind. Im Ort Bauta genießen wir mittags Brötchen mit Ei und Ketchup! Auf der Piazza in Guranajay spülen wir trockene Kekse mit einer TuKola runter und bewundern rosa blühende Bäume. Ein junger Mann erklärt uns unaufgefordert im perfekten Englisch den Weg und möchte dafür ein T-Shirt tauschen. Die Landschaft wird immer hügeliger und die Straße immer schlechter. Bauern pflügen mit Ochsen ihre trockenen Felder, wir können „Schollen gucken“. Wegweiser sind nirgends zu sehen. An einer Kreuzung fragen wir einen alten Mann nach dem Weg zum Hotel, welches irgendwo in den Bergen liegt. Umständlich holt er seine Brille aus dem Körbchen hinter seinem Sattel und zeigt wie wir fahren müssen.

Wir radeln durch Palmenwälder ständig rauf und runter und dann nur noch bergauf zu unserem ersten Hotel Las Terrazas. Der Tourismuskomplex gehört zum Naturpark Sierra del Rosario. Auf ca. 5.000 ha unberührter Natur liegen kleine Seen, Wasserfälle und mehrere schwefelhaltige Quellen. Das wahrscheinlich von haitianischen Einwanderern angelegte Kaffeeanbaugebiet verarmte mit der Zeit immer mehr. Nach der Revolution baute man für die Bewohner und Kleinbauern die heute dort vorhandenen Wohnanlagen und schuf Schule, medizinische Versorgung und kulturelle Einrichtungen. Gleichzeitig wurden die Kaffeeplantagen wieder aufgeforstet. Auf hohen Pfeilern wurde oben am Hang ein Hotel gebaut.

Nach dieser ersten langen und anspruchsvollen Etappe müssen wir gleich nach der Ankunft ein Bier trinken, bevor’s zu den Zimmern geht. Fast panikartig suche ich danach die Dusche in meinem Bad! Sie ist hinter einem Vorhang gegen die Sonne versteckt. Der Blick über die Landschaft, den ich während ich mich einseife aus meinem nicht einsehbaren Panoramafenster genießen kann, ist unbeschreiblich schön. Auch das Essen ist hervorragend: Suppe, Nudeln mit Tomatensoße und Salat mit Zwiebeln.

UrwaldMittwoch, den 15.04.09 – Las Terrazas – San Diego - ca. 80 km

Nachts stört eine laute deutsche Reisegruppe unseren wohlverdienten Schlaf. Dafür bringt morgens freundlicherweise ein Wächter unsere Räder schon vor dem Frühstück zum Hoteleingang. Um weiter zu fahren schleppen die anderen Gäste ihre riesigen Koffer zum Bus, wir schwingen im Gegensatz dazu unsere handlichen Packtaschen auf die Gepäckträger. Die Luft ist herrlich kühl und frisch. Kein Wunder, wir sind auf ca. 550 m Höhe.

Fast ohne Durchgangsverkehr radeln wir durch das Biosphärenreservat Sierra del Rosario. Leider wütete auch hier der letzte Hurrikan und knickte riesige Bäume wie Streichhölzer um. Auch der berühmte Orchideengarten von Soroa wurde weitgehend zerstört. Bevor wir die Einsamkeit verlassen, müssen wir noch unsere Räder durchs Unterholz schieben, da die Straße teilweise weg gebrochen ist. Überall an den Hängen blüht die „Gemeine Kubanische Butterblume“. Bis ins Tal hügelt es gewaltig.

An einer Kreuzung in Candelaria entdecken wir einen Imbiss. Stefan verputzt ein Brötchen mit Kubanischer Mettwurst. Für mich gibt’s etwas Plattenfett an Tomate. Ein Kubaner erzählt uns auf Deutsch, dass er sechs Jahre in Chemnitz und Erfurt gearbeitet hat. Beim Überqueren der Autopista beobachten wir zwei andere Radler mit Packtaschen, die kräftig gegen den Wind anstrampeln.

Urwald-2Das Zentrum von San Christobal ist schnell gefunden. Wir brauchen nur der lauten Musik folgen. In einem netten Gartenlokal werden riesige Kuchenplatten mit rosa und giftgrünem Zuckerguss verkauft. Bei zwei Dosen TuKola amüsieren wir uns köstlich über die anderen Gäste, weil sie die Kuchenberge in Plastiktüten versenken und anschließend die Finger sauber lecken. Ein alter Mann bringt extra einen Plastiktopf mit, schichtet sorgfältig den Kuchen aufeinander und drückt, weil nicht alles rein passt, kräftig den Deckel obenauf. Was an der Seite raus quillt wird fein säuberlich abgeschleckt. Nur der Abtransport des Kuchens in einer großen Plastikwanne der Kubanischen Post gestaltet sich als unproblematisch.

Gestärkt kämpfen wir weiter gegen den heißen Wind, bewältigen anspruchsvolle Hügel, genießen die Abfahrten und blicken über riesige Zuckerrohrfelder. In einigen Baumkronen hocken Geier! Plötzlich saust vor uns ein Mann auf seinem Fahrrad den Berg herunter, stoppt abrupt und steigt dabei fast über den Lenker ab. Wohin wir wollen, fragt er um gleich den Weg zu erklären. Dann nestelt er eine sicherlich lauwarme Flasche Rum von seinem Gepäckträger und scheint überhaupt nicht böse zu sein, dass wir dankend ablehnen, tritt in die Pedalen und saust davon.

Schon während meiner letzten Radreise auf Kuba fehlte mir oft etwas Würze im Essen. Darum bin ich froh, dass Stefan einen Marktstand entdeckt, wo ich frischen Knoblauch und mehrere Zwiebeln kaufen kann. Unser heutiges Hotel Mirador liegt oberhalb des Badeortes San Diego de los Banos und bietet einen wunderschönen Blick über die Täler mit seinen Heilquellen. Einer Überlieferung zufolge wurde ein verbannter lepröser Negersklave nach dem Bad in den Quellen geheilt. Dadurch wurde der Ort zum Anziehungspunkt – auch Ende des 19. Jahrhunderts für viele Amerikaner. Im Garten erholen sich bereits die anderen Radler, ein Ehepaar aus Kanada. Schnell sitzen wir zusammen, tauschen Tipps und Informationen aus und zeigen auf einer Karte unsere geplanten Reiserouten.

Den Salat zu meinem leckeren Fisch verfeinere ich mit Zwiebel und Knoblauch. Die Nacht ist wunderbar ruhig. Ich habe nur ein paar Hindernisse im Zimmer zu bewältigen: Die Duschstange fällt ohne mein Zutun runter, den Fernseher könnte ich gar nicht starten, weil er überhaupt keine Steckdose hat, das Licht im Bad kann ich nur benutzen, wenn ich am Stecker wackel und die Klobrille ist aus Schaumstoff und pfeift…

ErdrutschDonnerstag, den 16.04.09 – San Diego – Vinalestal - ca. 65 km

Hoffentlich reicht das Omelett als Energiespender für den heutigen Tag, denn es gab sonst nur noch etwas Obst und die Marmelade war aus. Während Stefan die Räder kontrolliert, erkundige ich mich an der Rezeption nach dem Weg. Die Angestellte warnt uns eindringlich nicht die Nebenstrecke zu benutzen. Aber auf der Hauptstrecke durchs Tal möchten wir auch nicht radeln.

Voller Ungewissheit passieren wir ein altes Tor und starten unsere heutige Tagesetappe über die Berge nach La Palma. Es erfordert wirklich viel Gefühl, Geschick und reichlich Kraft und Ausdauer die bepackten Räder durch die tiefen Schlaglöcher zu bugsieren, zumal uns diverse steile Rampen öfters zum Absteigen zwingen. Hinter einer Kurve gähnt ein tiefer Abgrund. Die Straße ist durch einen Erdrutsch komplett weg gebrochen, und wir müssen uns durchs Unterholz kämpfen. Aus dem Nichts stoppt plötzlich ein Wagen mit zwei Touristen neben uns. Der Fahrer fragt wie weit es noch bis zu einer Tankstelle ist und rauscht mit quietschenden Reifen davon.

In der größten Mittagshitze erreichen wir La Palma und entdecken ein Lokal an der Piazza mit dem üblichen Angebot: eisgekühlte Getränke ……aber leider keine Brötchen. Ich genieße diese Pausen in den Ortschaften, beobachte die Leute, bestaune den öffentlichen Nahverkehr (Pferdekutschen) und bin anschließend wieder halbwegs fit für die restlichen Kilometer. Wahrscheinlich sehnen wir uns die nächsten Tage nach dieser Ruhe zurück, denke ich noch als wir auf leicht hügeligen Abschnitten das berühmte Vinalestal, ein Weltkulturerbe, erreichen.

BergeWeil unser Hotel etwas außerhalb an einem Hang liegt, lernen wir gleich den ganzen Ort kennen, der mich nach drei Tagen Einsamkeit eher an einen Rummelplatz erinnert. Überall parken Busse, Touristen werden herum geführt und vor fast jedem Haus steht jemand und bietet Gästezimmer feil. Im Geiste sehe ich mich schon mit einem kühlen Getränk in der Hand am Pool liegen. Wie groß die Enttäuschung: das Hotel ist belegt und wir wurden auf ein anderes Haus, welches auch zu dieser Gruppe gehört, umgebucht. D. h. wir müssen 5 km zurück radeln! Als kleine Entschädigung können wir uns etwas zu trinken bestellen ….. der Kaffee ist grade aus!

Im neuen Hotel Rancho San Vicente (Bungalows im weitläufigen Palmenwald) treffen wir eine Gruppe junger Leute aus Deutschland, die auch mit Rädern unterwegs sind, aber die Luxusausführung gebucht haben: Begleitbus und eigener Serviceman!

Zwiebel und Knoblauchzehe verfeinern wieder Salat und Nudeln. Von den ca. zehn Hunden, die im Garten umhertoben, rollt sich ein junges Tier unter meinem Stuhl zusammen.

Freitag, den 17.04.09

Im Morgengrauen springt die Klimaanlage an, die mir bekannte Hundeschnauze steckt in den Holzlamellen meines Fensters und schnüffelt in mein Zimmer, mein Hinterrad ist platt und die Luftpumpe zerbricht beim Aufpumpen. Glücklicherweise kann ich sozusagen beim Serviceman des Begleitbusses pumpen gehen!

Heute ist Ruhetag, d. h. für uns wurde mit einem jungen Führer eine Wanderung im Vinalestal geplant. Auch wenn es mit der kubanischen Pünktlichkeit manchmal nicht so genau genommen wird, bin ich immer wieder erstaunt, dass dieser vor langer Zeit arrangierte Termin statt findet.

Blick-auf-BergeIm Vinalestal wächst der legendäre grünsilbrig schimmernde Tabak auf flachen Feldern zwischen steil aufragenden, schroffen Kegelfelsen, den Mogotes. Die Mogotes sind die älteste geologische Formation Kubas. Die Landschaft scheint einer chinesischen Tuschezeichnung entsprungen. Überall dazwischen stehen kleine fensterlose Schuppen mit einem Dach aus Palmstroh, den casas de tabaco, die Trockenschuppen für den Tabak, in denen auch meistens noch ein Schwein untergebracht ist. Die Besichtigung eines Bauernhauses gehört natürlich zu unserer Wanderung dazu. Wegen der Feuergefahr ist die Küche abseits des Wohnhauses in einem anderen Gebäude untergebracht. Im weiteren Umkreis stehen Stall und Plumpsklo.

Die zum Weltkulturerbe gehörenden Häuser haben kein Strom und fließend Wasser und dürfen auch nicht verändert werden. Bei einer köstlichen Tasse Kaffee vermittelt uns die Hausfrau die Grundtechniken des Zigarrendrehens. Von seiner Ernte verkauft der Bauer 80 % an den Staat zu einem Preis, der von der Qualität (Insekten, Löcher etc.) abhängig ist. Den Rest verraucht er selber...

Während wir anschließend weiter durch die trockene rote Erde stapfen, hören wir durch unseren jungen Führer allerlei Wissenswertes über Pflanzen und seltene Vogelarten. Zurück im Ort sind unsere Beine total eingestaubt. Die Bauern warten verzweifelt auf Regen. Aber ich bin überglücklich. Endlich habe ich das Vinalestal besucht, welches ich bisher nur von wunderschönen Fotos kannte.

Eigentlich wie überall auf Kuba ziehen sich auch im Örtchen Vinales niedrige Holzhäuser mit Veranden entlang der Hauptstraße. Abgesehen von den Touristen scheint den ganzen Tag lang Feierabendstimmung zu herrschen. Aber vielleicht liegt es einfach nur an den Zigarren. Sie hastig zu rauchen wäre ein Verbrechen, das in Vinales niemand begeht, denn jeder weiß, wie viel Mühe es kostet, dieses kleine Kunstwerk herzustellen. Zigarrenrauchen ist eine Kunst, die Konzentration, Ruhe und Geduld erfordert. Die Tabakbauern im Vinalestal sind alles Künstler, denn sie können mit einer Zigarre im Mund charmant lächeln, sprechen, essen und singen ohne sich zu verhaspeln.

ComandanteSamstag, den 18.04.09 – Vinalestal – Finca La Guabina – ca. 45 km

Wie mein junger Hundefreund es merkt, dass ich aufgestanden bin, weiß ich nicht. Aber es steckt alsbald eine Hundeschnauze in den Lamellen. Nach einem üblichen Frühstück (Brot, Ei, Butter und Marmelade) genießen wir den noch kühlen Morgen und das touristenfreie Vinales. Auf einer sehr guten Straße hügelt es sich durch Pinienwälder. Von einem Aussichtspunkt erahne ich im Dunst den Gardasee.

Die letzten Kilometer zur Stadt Pinar del Rio mit ca. 125.000 Einwohnern geht’s immer nur bergab. An herrlichen Plattenbauten, der Universität und dem Stadion vorbei radeln wir ins Zentrum. Im wunderschön renovierten Hotel Vueltabajos parken wir unsere Räder unter der Treppe und genießen auf der Veranda einen guten Kaffee mit Milch. Anschließend schlender’ ich noch einmal die Hauptstraße rauf und runter, vorbei an einem Friseur, der mir unbedingt die Haare schneiden will, schau in ein Kaufhaus, in dem man gegen Devisen eigentlich alles erstehen kann, scherze mit dem Türsteher, weil ich ständig die Ein- und Ausgänge verwechsel’, spreche ein paar Worte mit einem jungen Mann, der recht gut Deutsch kann und bemerke, dass die schönsten Gebäude den Banken gehören. Am Park Indepencia beobachte ich etliche Schulklassen, die unter dem Kommando ihrer eigenen Klassenkameraden das Marschieren üben. Vielleicht für den 1. Mai und 50 Jahre Revolution?

Leider ist das Naturkunde-Museum geschlossen. Aber auch der Blick auf das 1914 erbaute Gebäude ist ein Vergnügen. Der Erbauer, ein Doktor Guasch, setzte seinen Ehrgeiz daran, sämtliche Baustile und Mitbringsel aus der ganzen Welt in einem einzigen Gebäude zu vereinen und auf diese Weise eine Art Harmonie des Chaos zu schaffen. So findet man hier ein Potpourri aus griechischen Säulen, ägyptischen Hieroglyphen und mittelalterlichen Wasserspeiern neben surrealistischen oder Art-Deco-Fragmenten.

BrueckeDa es keine Umgehungsstraße gibt, quält sich leider der gesamte Verkehr durch die engen Straßen, die wie üblich von Säulen und Veranden gesäumt sind. Weiter geht’s. Auf dem Weg raus aus der Stadt zu unserem heutigen Hotel passieren wir den Friedhof, den ich natürlich unbedingt ansehen muss. Allerdings erinnern mich diese Gräber eher an Garagen, ganz im Gegenteil zu den schmachtenden Engeln auf dem Friedhof Colon in Havanna.

Inzwischen habe ich mir angewöhnt bei Geschäften, wo Leute anstehen, immer zu schauen, was es gibt. Aus einer Luke wird Kuchen im Zuckerbäckerstiel - und diesmal orangefarbener Creme - verkauft. Ich könnte zwar schon wieder etwas essen, aber auf Kuchen habe ich jetzt überhaupt keinen Appetit! Dafür stülpt ein junger Mann seine leeren Hosentaschen um, beißt sich auf die Nägel und gibt mir zu verstehen, dass er Hunger hat. Dabei lacht er sich schlapp und steckt auch die umstehenden Leute an.

Glücklicherweise finden wir noch einen Kiosk und genießen Brötchen mit was (?) drauf. Bis zu unserer versteckt gelegenen Pferdefarm La Guabina, die sich durch angenehme Ruhe, Gastlichkeit und familiäre Atmosphäre auszeichnen soll, sind es noch 15 km. An der Einfahrt auf das Gelände laden Schilder zu etlichen Aktivitäten ein. Uns begegnen ein paar Touristen, die leicht verkrampft auf ihren Pferden sitzen und die Schotterpiste entlang reiten. Der Rodeoplatz ist verweißt, aber dafür findet in einer Arena gerade ein Hahnenkampf statt.

Nach etlichen Kilometern erreichen wir am Ende der Straße ein Haus mit begrünter Veranda und einem umlaufenden Balkon mit Schaukelstühlen. Dieses Anwesen ist unser Hotel für zwei Nächte. Das Gebäude wurde 1920 erbaut, dann verkauft und von den neuen Eigentümern 1947 während der Revolution verlassen. Seitdem gehört es der Regierung, die es zur Pferdezucht nutzt und die vier ehemaligen Schlafzimmer an Touristen vermietet. Alles ist noch im Originalzustand. Herrlich, ich freue mich auf eine Dusche, meinen Schaukelstuhl, ein kühles Bier … und möchte erstmal ankommen.

SpeiseraumSonntag, den 19.04.09

Ausschlafen und das Frühstück genießen. Damit es warm bleibt, ist das geröstete Brot in ein Tuch gewickelt, der Limonensaft wurde frisch gepresst, dazu gibt’s Eier nach Wahl und wohlschmeckenden Kaffee. Mein Blick gleitet über die Seen zu den umliegenden Hügeln und bleibt schließlich in den Baumkronen hängen, in denen Geier sitzen. Ich schwanke zwischen Tara-Gefühl und Schnee am Kilimandscharo.

Anschließend nutzen wir das Angebot mit einer jungen Angestellten auf einer Wanderung etwas von dem weitläufigen Gelände kennen zu lernen. Auf einer sehr maroden Eisenbrücke überqueren wir zwei Seen, klettern zu einem Fluss hinunter, hören viel über Ackerbau und Viehzucht, besichtigen die Pferdeställe für insgesamt 200 Tiere und bestaunen die Hähne für die Hahnenkämpfe, die zu den besten Kubas gehören. Der Rest des Tages endet nach einer herrlichen Siesta im Schaukelstuhl ….

Abends kommen wir schnell ins Gespräch mit den anderen Gästen, zwei kubanischen Ehepaaren aus Havanna. Ein Mann spricht noch etwas Deutsch, welches er in Weißwasser und Berlin gelernt hat. Sie schwärmen von der Ruhe der weitläufigen Hotelanlage und drehen ein mitgebrachtes Radio auf ……

Bruecke-2Montag, den 20.04.09 – Finca La Guabina – Sandino - ca. 90 km

Außer einem schreienden Pfau und einer miauenden Katze ist es nachts mucksmäuschenstill. Wirklich ungern verlasse ich dieses wunderschöne Anwesen, zumal es heute laut Karte wieder gewaltig hügeln soll. Unterwegs beim Fotografieren eines herunter gekommenen Plattenbaus, der mal ein Lungensanatorium war, geht meinem Schlauch die Luft aus. Aber Stefan ist mit seinem Werkzeugkoffer in einer Plastiktüte schnell zur Stelle.

In Sumidero müssen wir absteigen, da die Brücke gesperrt ist. Weil man nie so genau weiß, was sich essenstechnisch tagsüber so ergibt, sehe ich mir die Hauptstraße etwas genauer an und finde einen sehr sauberen Imbiss. Auf dem Tresen sind Hibiskusblüten durch abgeschnittene Glasflaschen geschützt, die Brötchen sind lecker und der Inhaber schickt einen alten Mann mit mir los, der mir zeigen soll, wo ich Wasser kaufen kann. Die Räder tragen wir anschließend über die verbliebenen Schwellen der Brücke.

Wir radeln quer durch die völlig vom Tourismus unberührte westliche Gebirgskette Cordillera de Guaniguanico. Die Hügel ringsherum ähneln stark dem Vinalestal und könnten wieder einer chinesischen Tuschezeichnung als Vorlage gedient haben. Außer einigen Lkws und Traktoren begegnen uns nur Ochsenwagen und Pferdekutschen. Kubas Revolutionsregierung wies bereits Anfang 1960 in der Verfassung ein Fünftel des Landes als Naturschutzgebiet aus, in denen die Natur sich selbst überlassen bleibt. Heute bewahrt die Insel die größte biologische Vielfalt der Karibik. Die halbe Südküste besteht aus gesundem Mangrovenwald.

ToiletteIn den winzigen Dörfern überraschen mich öfters Salas de Television, d. h. öffentliches Fernsehen gegen Gebühr. Trockene Kekse und zwei TuKola in einem Festsaal in Punta de la Sierra bringen etwas Energie für die letzten Kilometer bis nach Sandino, wo wir in einem Privathaus übernachten werden.

Wahrscheinlich wieder jemand der sein Chevrolet als Taxi anbietet, denke ich als mir am Ortseingang der Stadt ein älterer Mann lebhaft zuwinkt. Stefan stoppt und aufgrund seiner Spanischkenntnisse wird ihm klar, dass es sich bei dem Herrn um unseren Vermieter handelt. Ihm war bekannt, dass wir mit dem Fahrrad anreisen und damit wir nicht lange nach seinem Haus suchen müssen, stand er ab mittags an der Straße und hielt nach uns Ausschau. Auf einem winzigen Zettel stand mein Name, den ihn die Reiseagentur genannt hatte.

Durch die Klimaanlage schaufel’ ich etwas frische Luft in mein aufgeheiztes Zimmer und freu’ mich über meinen rabenschwarzen Duschvorhang mit Rüschen; Klobrille: Fehlanzeige. Als ich anschließend im Garten mein Tagebuch schreibe, setzt sich der Hausherr mit einer Flasche Rum und zwei Gläsern zu mir …. Weil sein Wagen in der Garage steht, nennt er sein Haus Motel Zunso y Gina. Auch er ist früher viel gereist: zwei Kinder leben in Norditalien, ein anderes in Florida und ein Kind hat er mit seiner jetzigen Frau. Sein Chevy ist 55 Jahre alt.

Nach dem Essen schlendern wir an Plattenbauten und einem Kino vorbei ins Zentrum sozialistischer Bauart, welches mich eher an einen riesigen Parkplatz erinnert. Die meisten Läden sind leer. In einer Cafeteria gibt’s Getränke, Eis und Chips zu kaufen. Sandino ist Universitätsstadt für überwiegend Südamerikanische Medizinstudenten.

LandstrasseDienstag, den 21.04.09 – Sandino – Maria La Gorda - ca. 66 km

Das Geräusch einer handgetriebenen Kaffeemühle weckt mich. Das Frühstück war selten so lecker, vielfältig und liebevoll dekoriert.

Wir haben endgültig die Bergwelt verlassen, denn links und rechts erstrecken sich Ackerbau und Viehzucht mit Blick bis zum Horizont. Eine riesige Wolke spendet uns Schatten bis nach Valle San Juan, wo mein Schlauch mal wieder keine Luft mehr hat!

Unauffällig hat sich die Weite in undurchdringliches urwaldähnliches Gestrüpp verwandelt. Bunte Schmetterlinge umflattern uns, Vögel zwitschern und überall blüht es wunderschön. Aber ich blicke besorgt nach oben. Fängt es gleich an zu regnen? Gerade noch rechtzeitig erreichen wir das Wärterhaus des Eingangs zum Nationalpark Guanahacahibes bevor ein Wolkenbruch alles unter Wasser setzt. Der freundliche Aufseher reicht mir eine Tasse heißen Tee, ich revanchiere mich mit ein paar Cashewnüssen. Erst am nächsten Tag wissen wir das Glück dieses Regengusses zu schätzen.

Die letzten 14 Kilometer radeln wir am kitschig blauen Meer entlang bis zu unserem Hotel Maria La Gorda und haben noch genügend Zeit, den herrlichen Sandstrand zu genießen. Auf der Terrasse des Hotels zähle ich mindestens 30 Katzen.

KrebswanderungMittwoch, den 22.04.09 – Maria La Gorda – Cabo San Antonio – ca. 81 km

Für eiskalt klimatisierte Speisesäle sollte man immer einen Pullover dabei haben …, aber die durchgefrorenen Knochen werden von der bereits stechenden Sonne schnell wieder warm.

Zuerst müssen wir die 14 Kilometer bis zur Abzweigung zu unserem heutigen Hotel, dem Cabo San Antonio, zurück radeln. Unbeschwert rollen wir so dahin, bis wir auf die ersten roten Krabben treffen, die wir noch locker umkurven. Aber es werden immer mehr und bald ist die ganze Straße dunkelrot! Ein zufällig vorbei kommender Wagen fährt mit hoher Geschwindigkeit durch und viele Tiere platt. Mit dem Rad ist das nicht so einfach. Wir schieben. Die Tiere, die nicht flüchten, greifen an, d. h. sie stellen sich wie Angeber aufrecht hin, fuchteln wild mit den Scheren herum und zerschneiden die Reifen. Besonders angriffslustige drehen ein paar Runden in den Vorder- oder Hinterrädern. Andere schießen wir einfach wie Fußbälle aus dem Weg. Viele Krebse fressen ihre toten oder zerquetschen Artgenossen. Etliche Geier hocken auf der Straße und fliegen nur schwerfällig davon. Mich gruselt es noch mehr als ich sehe, dass die Tiere auch schnurstracks über ein Haus marschieren...

Endlich erreichen wir die Kreuzung und Stefan kann zur Abwechslung in der Mittagshitze mal seinen eigenen Platten flicken! Aber die andere Straße zum Hotel ist genauso rot und ein Aufseher meint, dass wir hier an der Schranke nicht stehen bleiben können. Glücklicherweise stoppt gerade jetzt eine Art Lieferwagen, ich fuchtel’ krabbenmäßig mit den Armen rum und versuche dem Fahrer unsere missliche Lage klar zu machen. Schnell sind die Räder eingeladen und der Fahrer braust mit Höchstgeschwindigkeit davon. Die einzige Möglichkeit ohne Panne ans Ziel zu kommen. Nach vorne durch die Windschutzscheibe kann ich nicht schauen, mir reicht schon das Knacken in den Ohren! Wir hätten Stunden gebraucht, um da durchzukommen, und Stefan hätte wohl auch gar nicht so viele Flicken dabei gehabt.

KrebseSpäter im Hotel erfahren wir, dass die in den Mangrovenwäldern lebenden Krabben zum Meer wandern, um in dieser Jahreszeit ihre Eier abzulegen – wie seit zig Jahren. Nur wurde inzwischen eine Küstenstraße gebaut, die sie überqueren müssen …….Durch den Regenguss am Tag davor gingen sie vorüber gehend nicht auf Wanderschaft.

Nach etlichen Kilometern setzt uns der Fahrer aus. Die Mangroven sind verschwunden, Lavafelder erstrecken sich links und rechts, der Asphalt flimmert in der Mittagshitze.

Irgendwann hört der schlechte Straßenbelag auf, wir schlingern mühsam durch tiefen Sand, es ist absolut windstill, eine Schlange, die ich beim Sonnen störe, huscht vor mir ins Unterholz, ein Jeep mit Wächtern des Nationalparks überholt uns und wirbelt reichlich Staub auf, der Schweiß fließt in Strömen. Plötzlich stehen wir vor unserem Hotel, d. h. mehreren verstaubten Blockhütten, die aber sehr groß und wohnlich sind. Irgendwie bin ich geschockt. Drei Nächte soll ich hier in dieser Einöde verbringen, bis uns ein Bus wieder zurück nach Havanna fährt!?

Als wenn wir auf der Flucht wären, laden wir das Gepäck ab und rasen noch drei Kilometer weiter bis zu einer menschenleeren Marina, dem westlichsten Zipfel Kubas. Im kleinen Restaurant ist die Küche kalt, weil kein Koch da ist. Das am Ufer getrocknete Seegras riecht streng und wir stehen ratlos da: Unsere Radtour ist zu Ende! Und nun? Ein komisches Gefühl überkommt mich. Zwischendurch hab ich mich mal gefreut, zwei Tage faul am Strand zu liegen, aber jetzt??

Kühe suchen hinter unseren Stelzenhäusern nach Essbarem, Schweine schuppern sich an den Holzpfählen und der Koch bietet uns Krabben als Abendessen an. Nein, die kann ich heute nun wirklich nicht mehr essen, auch wenn es andere sein sollen! Trotz der absolut abgelegenen Lage schmeckt der Mojito hervorragend.

Weisse-StrasseDonnerstag, den 23.04.09

Der Koch verwöhnt uns mit einem traumhaften Frühstück auf der Veranda. Anschließend dusche ich meine Radtaschen, weil ich sie so dreckig und staubig nicht mit nach Hause nehmen möchte und verbringe den restlichen Tag am kilometerlangen Sandstrand, den wir uns nur mit einer französischen Familie teilen müssen. Es fällt mir schwer, mich auf mein Buch zu konzentrieren, da meine Gedanken noch radeln.

Zum Sonnenuntergang schmeckt besonders ein kühles Bier gut - auch ohne Radfahren!

Ich beobachte den Koch, der verzweifelt versucht noch etwas frischen Fisch für die Abendkarte zu angeln. Die Franzosen berichten von ihrem Ausflug zum Hotel Maria La Gorda: Auf dem Weg dorthin mussten sie wieder durch die Krabbenfelder, ärgerten sich über zwei Platten und warteten mehrere Stunden in der sengenden Sonne auf Hilfe, weil auch der Reservereifen defekt war. Abends nehmen Sie gerne mein Angebot an, ihren Salat mit meiner Zwiebel zu verfeinern. Im Gegenzug bekomme ich frisches Obst = Urlaub im Sozialismus!

Freitag, den 24.04.09

Nachts schwirren grüne Glühwürmchen durch mein Zimmer, die magisch durch das blinkende Licht des Rauchmelders angezogen werden. Der Koch serviert das Frühstück wieder auf der Veranda. Wem die Mangos nicht reichen, pflückt sich frische Früchte vom Baum. So allmählich gewöhne ich mich an das Müßiggehen, genieße mein Buch, den Blick über’s Meer zum Horizont und in den blauen Himmel, das Nichtstun, den freundlichen Kellner, mein gepflegtes Zimmer, die schöne Musik zum Essen und vermisse keine anderen Touristen, die lärmen, rauchen und sich wichtig fühlen.

Aufregung! Neue Gäste sind angekommen, u. a. vier spanisch sprechende Chinesen.

StrandSamstag, den 25.04.09

Mir fällt es wirklich schwer von diesem verlassenen Ort abzureisen. Kein Stress am Büffet und trotzdem rundherum versorgt zu werden, einfach nur Abschalten und Nichtstun.

Ein ziemlich maroder Hotelbus bringt uns in der ersten Etappe zurück zum Hotel Maria La Gorda. Unterwegs stoppt der Fahrer, um einen alten Mann mitzunehmen, der sich aus einem Sack und Schilf einen Rucksack gebastelt hat. Wir haben zwei Stunden Aufenthalt im Hotel und ich esse für den Kleinen Hunger Zwischendurch ein Sandwich, denn jetzt liegen ca. fünf Stunden Autofahrt nach Havanna vor uns.

Der Fahrer ist nicht gerade glücklich über unsere sperrigen Fahrräder, da sie nicht ordnungsgemäß verpackt sind. Er lässt sich den Transport extra bezahlen und nimmt dafür seine Familie mit. Eiligst aufgetriebene Pappkartons sollen die Räder während der Fahrt sichern.

Bis kurz hinter Sandino kennen wir die Strecke. Doch dann fahren wir mehrere Stunden auf einer autofreien Autopista fast nur gerade aus bis nach Havanna. Ein kurzer Halt an einer recht passablen Raststätte erinnert mich an den ehemaligen Grenzübergang Gudow. Zum Umrühren für den Kaffee bekomme ich statt Teelöffel ein Stück Zuckerrohr auf die Untertasse gelegt. Der Sohn einer niederländischen Familie schmeißt seinen Abfall kurzerhand an den Straßenrand. Mir fallen mehrere Brücken über die Autobahn auf, die einfach so in der Gegend stehen und keine Anschlussstraßen haben.

Havanna empfängt uns mit einem Wolkenbruch und Starkwind. Wir stellen die Räder wieder beim Pförtner ab, beziehen unsere Zimmer und gehen essen in einem kleinen privaten Restaurant mit Wohnzimmeratmosphäre. Eine Familie mit vier Kindern setzt sich später an den Nebentisch. Kurz darauf legen die Sprösslinge ihre Köpfe auf den Tisch und schlafen.

In meiner Lieblingsbar um die Ecke gibt es ein fröhliches Hallo … und einen letzten (?) Mojito!

HighwaySonntag, den 26.04.09

Der Wind pustet noch immer kräftig durch die Straßen. Wir radeln zur Agentur, wo Maria, eine Mitarbeiterin, auf uns wartet. Sie ist extra in die Stadt gefahren, um uns zu verabschieden. Ich hab’ einen Kloß im Hals.

Stefan hofft, dass der Aussichtsturm am Platz der Revolution geöffnet ist und verschwindet. Mich zieht es noch einmal zum Malecon. Meterhohe Wellen schlagen gegen die Mauer und schwappen über die Straße. Der kräftige Wind pustet die Gischt bis auf die andere Straßenseite. Angler sind heute nicht zu sehen. Die Klippenspringer sitzen jetzt hinter der Mauer und haben ein riesiges Vergnügen, wenn die Wellen über sie hinweg schlagen. Etliche Touristen gönnen sich das Vergnügen einer Pferdekutsche oder gleiten in Oldtimern vorüber. Polizisten auf Motorrädern stehen in total verblassten Uniformen an einer Straßenecke und beobachten hinter ihren dunklen Sonnenbrillen den geringen Verkehr. Ich kann mich nicht satt sehen am Malecon und seinen Wellen, den maroden und teilweise eingestürzten Häusern und ihrer früheren Schönheit in ihren zarten Pastellfarben. Aber hier wohnen?

Ich genieße einen letzten Spaziergang durch die Straßen und Gassen, die durch ihre unterschiedlichen Bewohner stark geprägt werden. Ältere Menschen sitzen entspannt auf wackeligen Stühlen vor geöffneten Türen und schwatzen, Kinder üben sich in ihrem Lieblingssport, dem Baseball, Männer schrauben an alten Chevrolets und von überall höre ich die schönste Musik. An ein paar Marktständen wird frisches Gemüse verkauft.

HavannaIch bin wohl in keiner üblichen Touristengegend, denn plötzlich ruft ein junger Mann vom Balkon des Hauses herunter „What are you doing?“ „Sightseeing“ antworte ich. Worauf ein zufriedenes „OK, enjoy it“ erfolgt. Ein kurzes Winken, alles ist gesagt. Ich muss noch einmal zur La Rampa, um mich von meinem Patrone zu verabschieden. Die Band spielt bereits, ein Paar tanzt und leider beobachte ich auch junge Kubanerinnen mit älteren männlichen Touristen.

Mir macht es Spaß, Orte zu besuchen, die man schon kennt, weil man einen völlig anderen Blick bekommt, keine Sehenswürdigkeiten abhaken muss, evtl. alte Bekannte trifft und sich einfach nur treiben lassen kann, um Neues zu entdecken.

Hier stehen die Bilder von der Kuba-Radreise im Großformat

Tipp: Die Anreise nach Cuba empfiehlt sich per Flugzeug. Es lohnt sich hier die Preise im Voraus zu vergleichen und frühzeitig zu buchen. Der Hafen von Havanna ist ebenfalls Anfahrtspunkt für viele Kreuzfahrten. Eine Transatlantik-Kreuzfahrt von Europa in die Karibik wäre eine abenteuerliche Alternative.

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