Mit
dem Mountainbike durch die verschneiten Harburger Berge
Welches Gefühl wollte denn nun
in mir überwiegen? Die Freude darüber, durch den verschneiten Wald zu radeln,
oder der Frust, weil ich nach monatelanger starker beruflicher Anspannung
aus dem Training gekommen und nicht so recht mithalten konnte? Immerhin
warteten meine Mitfahrer auf den Kuppen und an den Kreuzungen auf mich. So
konnte ich denn die über zweistündige Fahrt durch den Rosengarten und
die Fischbeker Heide im Südosten Hamburgs halbwegs genießen.
Es gibt nicht viele Tage im Jahr,
in denen man in der Norddeutschen Tiefebene auf Schnee fahren kann.
Kurzentschlossen hatte Jörg Pape, unser Spartenleiter, uns Haspa-Mountainbiker in
den Rosengarten geladen. Gut so, denn schon zwei Wochen später brach in
Hamburg der Frühling aus. Außer mir war nur Maik Rotermund der Einladung
gefolgt. Da traf es sich gut, dass Michael Reinsch von unserem
"regelmäßigen" MTB-Treff gelesen hatte und via Internet bat, mitkommen zu
dürfen.
Michael
brachte noch seinen Vereinskameraden von der RSG Blankenese Arne Naujokat und
Willy Meyer mit. Wir
hatten verabredet, uns notfalls einfach wieder zu trennen, wenn wir nicht
zusammen passen würden, harmonierten aber ganz gut, blieben bis zum Ende
beisammen. Michael berichte begeistert von der
CTF in Tappendorf ("Tolle Landschaft"). Leider liegt Tappendorf
relativ weit von mir entfernt und die Radstrecke ist ebenso kurz.
Die äußeren Bedingungen waren
gut. Der Schnee lag so um die 30 Zentimeter hoch, wäre so nicht befahrbar
gewesen, aber auf den Wirtschaftswegen konnte man den Fahrspuren folgen.
Das erforderte Konzentration. Jeder Schlenker wurde bei langsamer
Fahrt mit abrupten Abbremsen, bei schneller mit Versetzen des Rades
bestraft.
Kein
Wunder also, dass ich zwei Mal stürzte, allerdings nur bei langsamer Fahrt und
ohne Folgen, weil der Schnee mich weich fallen ließ. Beim zweiten
Mal, am Ende einer kurzen Abfahrt, wäre ich allerdings fast überfahren
worden. Kurz nach mir kam ein Skilangläufer den Weg herunter geschossen,
hatte Mühe an mir vorbei zu ziehen.
Hohes
Tempo stellte sich nur auf Abfahrten ein. In der Ebene und vor allem
bergauf machte sich der auf Schnee erhöhte Rollwiederstand deutlich
bemerkbar. Zum Schluss spürte ich den auch in meiner
Oberschenkelmuskulatur. Mir machte es trotzdem von der ersten Sekunde an Spaß auf und
durch die weiße Pracht zu fahren.
Viele Blicke auf die weiß gewandete
Wald- und Heidlandschaften werden noch lange in mir nachwirken.
Bedauerlich war es deshalb, dass Jörg im Streß war. Er hatte seiner
Familie versprochen, nachmittags mit ihr zu rodeln. Von der ersten Sekunde
an hielt er die Gruppe auf Zug, so sehr, dass ich am Ende nicht mehr
mithalten konnte. Beim Schlussanstieg zurück in den Rosengarten war bei
mir die Luft raus. Kurz darauf trennte sich Jörg von uns, um in
Anbetracht der fortgeschrittenen Uhrzeit schneller zurück zum Auto zu
gelangen. Nun hatten wir endlich die Zeit, in Ruhe ein Foto zu schießen.
Auf der Hinfahrt mit dem Auto sah
ich hunderte Läufer, die den Halbmarathon beim Straßenlauf-Cup der LG HNF Hamburg
absolvierten. Auf der Tour begegneten uns auch zahlreiche Wanderer,
Skilangläufer, Spaziergänger mit Kindern und Hunden, Walker, Reiter und auch einige wenige Mountainbiker.
Was war eigentlich so irre an
unserer Aktion, dass mich viele Bekannte fassungslos ansahen, wenn ich
davon berichtete. Die Skilangläufer zum Beispiel taten nichts anderes als wir,
nur mit einer etwas anderen Ausrüstung und einem anderen Bewegungsablauf.
Erstmals hatte ich meine
gefütterten Gore-Tex-Überschuhe auf Tour übergestreift. Die haben sich
bestens bewährt. Zu keiner Zeit habe ich an den Füßen gefroren. Wie
immer, wenn mein Körper auf Betriebstemperatur gekommen ist, wünschte
ich mir dünnere Handschuhe. Nächste Mal werde ich ein zweites Paar mitnehmen.
Nervig war der Einsteig in die
Klickdedale, wenn die SPD-Haken nach dem Absteigen mit Schnee verklebt
waren.
Ob Time-Pedale das wohl besser können? Selbst grobstollige Reifen boten auf steilen
Anstiegen oft nicht genug Traktion. Könnten wir öfter auf Schnee fahren,
würde ich mir dafür ein paar Schwalbe Snow Stud oder Ice Spiker zulegen. Zur Not geht's
auch
ohne. Arne hielt mit seinem schmalspurigen Crossbike erstaunlich gut mit.
Wie immer ärgerte ich mich als
Rohloff-Tourenrad-Fahrer über die Kettenschaltung am Mountainbike meines
Mädels. Unter Vollast am Berg lässt die sich kaum noch schalten.
Enttäuscht war ich von den neuen Koolstop-Belägen an der HS33-Bremse,
obwohl ich sonst von denen begeistert bin. Vielleicht waren sie noch nicht
eingefahren, vielleicht war es denen einfach zu kalt. Mir nicht, ich freue
mich schon auf den Schnee im nächsten Winter.
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