Silvesterlauf "Rund um die Teichwiesen" in
Hamburg-Volksdorf - Tolle
Stimmung in tollen Kostümen
Die ca. 1.100 Läufer waren bester Stimmung,
viele davon in fantasievollen Kostümen. Sie konnten sich über
enthusiastische Zuschauer freuen, die mit Sekt und Glühwein, Kuhglocken, Ratschen und Rasseln
in den Händen am Wegrand standen. Für mich war es die erste, aber wohl nicht
letzte Teilnahme bei der 23. Auflage dieser Spaß-Veranstaltung. Statt
auf meine Zeit zu achten, klönte ich lieber mit den Teilnehmern, Bekannten
und mir vorher unbekannten. Da war zunächst mein Arbeitskollege Björn Goth,
den ich in vor dem Start in Sträflingskleidung antraf. Die Anmeldeprozedur
war stressfrei, allerdings wunderte ich mich darüber, dass wir nur eine
Sicherheitsnadel zum Befestigen unserer Startnummer erhielten, aber es geht
tatsächlich auch mit nur einer, ohne dass die Nummer später beim Laufen
gestört hätte.
Ich hatte ja keine Ahnung,
wie das abgehen würde mit den Kostümierungen, aber das änderte sich
schnell. Von mit Hut oder Perücke bis zum Vollkörperkostüm war alles
vertreten. Der Möglichkeiten gibt es viele, sie wurden alle genutzt, egal ob
im gekauften, geliehenen oder selbstgeschneiderten Kostüme, ob in Abendgarderobe oder
Arbeitskleidung. Es gab viel amüsantes zu sehen,
als Indianer
mit vollem Kopfschmuck, Weihnachtsmann mit langem Rauschebart, Clown,
Glückskäfer, Zorro mit Maske und Bauingenieur mit Helm im Blaumann kamen
Läufer daher. Eine Frau trug
eine Teekiste auf dem Rücken, ein Mann hielt ein langes Paddel in den Händen,
eine anderer trug nur eine kurze Hose mit einem papiernem Flatterrock und eine
Mini-Perücke auf nackter Haut.
Beinahe
hätte ich den Lauf unfreiwillig als Radfahrer bestreiten müssen. Wie ich so
mit meinem Rad nach Volksdorf fuhr, dachte ich "Was für eine Glück,
dass ich durch diesen Matsch nicht mit Schuhen gehen muss." Schuhe!?! Ich
hatte meine Laufschuhe vergessen, musste zunächst wieder heim. Als Krankenpfleger
verkleidet trugen drei Männer und eine Frau einen großen Teddybären auf
einer improvisierten Trage zum Start. Die Familie Kirsch aus Volksdorf
transportierte ihren Bären schon das vierte Mal unter einem Motto um den See.
Mal wurde er in einer Sänfte getragen ("Bär-Transport"), mal in
Rasta-Kostümierung getragen ("Jamaika-Bär"), ein anderes Mal als
"Wir-wollen-Schnee-Bär" zur Schau gestellt. Dieses Mal hatten sie ihn als
"Problem-Bär" deklariert und sich dies groß auf ihre Kostüme
geschrieben. Begeistert spreche dem Team ein Sonderlob
der unautorisierten Jury aus.
In der Nacht vor dem Jahreswechsel 2006
auf 2007 hatte es mit über hundert km/h gestürmt. Das hatte die Strecke
weitgehend trocken gepustet und trockenes, für die Jahreszeit zu warmes
Wetter mit sich gebracht. So konnte man dünngekleidet an den Start gehen. Von
"Sieben" bis "Siebzig" war alles vertreten. Ein Volkslauf,
der Anfangs einem Karnevalsumzug ähnelte. Vor
der Startlinie herrschte dichtes Gedränge, aber es wurde respektiert, dass
die kostümierten Kinder die erste Reihe belegten. Einige Trickser liefen dann
allerdings vor dem Startschuss los. Den gab der Organisator des Laufes
Wolfgang Kucklick. wegen des noch immer starken
Windes ausnahmsweise nicht mit einer Silvesterrakete.
Während ich Rüdiger
Schiemann von der SG Zoll den nächsten Bekannten treffe, der
verletzungsbedingt nur als Zuschauer erschienen ist, setzt sich das Feld in
Bewegung. Ich fotografiere am Wegrand stehend in die Menge hinein. Es dauert
einige Zeit, bis sich der letzte auf den für diese Masse relativ schmalen Weg
machen kann. Auf den ersten hundert Metern staut sich das Feld immer wieder,
aber davon lässt sich niemand die gut Laune vergällen. Hinten
im Feld spricht man viel
miteinander, grüßt sich, kennt sich oder ist ohnehin gemeinsam an den Start
gegangen. Insbesondere Perücken erweisen sich als zu warm für diesen Tag.
Als noch keine dreiviertel Runde voran gekommen war, überholten mich die
ersten, darunter auch Björn. Für einen kurzen Moment versuche ich ihm für
ein Foto zu folgen, was mir auch gelingt, aber meinen Puls in Sekunden
hochschnellen lässt.
Ab dem Moment konzentriere ich mich lieber darauf die
Langsamen und die Zuschauer abzulichten. Darunter sind auch Heike Viereg und
Karl Spier vom Walddörfer SV. Die beiden fielen mir auf, weil sie bei ihm
untergehakt lief. Das hatte einen einfachen Grund: Heike ist von Geburt an
blind. Die 47-jährige hatte erst mit Mitte Dreißig mit dem Laufen
angefangen. Zur besonderen Atmosphäre dieses Laufes tragen die Zuschauer
einen großen Teil bei. Viele von Ihnen feuern uns mit Kuhglocken, Ratschen,
Rasseln und vielem mehr an. Man sah bestens gelaunte Gruppen die in
Thermoskannen ihren Punsch oder Tee oder gar einen Teewagen mit dabei hatten. Läufer und Zuschauer erfreuten sich unter- und
aneinander. Man kann den Silvesterlauf auch als großes Happening verstehen,
bei dem die Zuschauer gleichzeitig Mit-Akteure sind.
Nach der zweiten Runde schnacke ich kurz mit Malte Christians,
der mit seiner Fotoausrüstung unzählige Bilder schoss. Über seine Agentur
Hoch Zwei gelangten sie in die Tageszeitungen, kündeten eindrucksvoll von
einer gelungenen Veranstaltung. Kurz darauf fällt mir Edith Schmidt auf, weil
sie jeden Vorbeikommenden einen ihrer Schnacks mitgibt. "Zack, Zack. Das
Essen brennt gleich an". Die 61-jährige lässt mich einen Schluck aus
ihrem Glühweinbecher trinken, war zuvor selbst eine Runde mitgelaufen. Neben
ihr fällt mir ein Mann wegen seiner ausladenden, deutschlandfarbenen Perücke und weil er
mir bekannt vorkommt auf. Klar kannte ich ihn, musste aber zunächst nach
seinem Namen kramen, bevor ich ihn grüßte. Klaus Markwardt
ist ehemaliger Leiter der Haspa-Filiale an der Rodigallee und
Rennradfahrer wie ich, genauer gesagt, er war es. Er berichtet mir von seinem
schweren unverschuldeten Unfall mit seinem Rad, auf das er sich nie wieder
setzen will. Sein Gesicht weist noch immer Spuren davon auf und er dachte,
dass ich ihn deshalb erst nicht erkannt hätte.
Immer wieder treffe ich auf
Läuferinnen und Läufer in Elexia-Teamkleidung. So wie auf die beiden Damen,
mit denen ich ein Stück zusammen laufe. Sie berichten mir, dass Elexia in
Langenhorn einen
gutbesuchten Lauftreff führt und in seinen Fitness-Clubs gezielte
Vorbereitungsprogramme für große Laufveranstaltungen anbietet. In meiner
dritten Runde ist das Feld dünn geworden hat sich um den gesamten See
gleichmäßig verteilt. Mir geht es so gut, dass ich gern noch die vierte
mögliche Runde gelaufen wäre, aber durch meine Interviews und Fotopausen habe
ich viel Zeit gebraucht, möchte nicht als letzter ins Ziel kommen. Lieber
möchte ich in Ruhe duschen und danach die Siegerehrung genießen.
Zunächst
laufe ich durchs Ziel, lasse mir auf meiner Startnummer die Anzahl der Runden
notieren. Man glaubt mir, denn mitzählen musste jeder selbst. Ich höre wie
Wolfgang Kucklick die ankommenden Läuferinnen und Läufer über sein Megaphon
kommentiert. Wolfgang ist Vorsitzender der LAV, organisierte von 1986 bis 1996
den Hamburg-Marathon. Über viele ihm Bekannte weiß er persönliches zu
berichten. Darüber vergehen so um die zehn Minuten, bis ich bemerke, dass
erst ein Stück weiter Gerd Seemann mit seiner Stempeluhr auf uns wartet, um
uns die Einlaufzeit zu quittieren. Gerd ist von Anfang an Mitglied der LAV,
die 1970 als ZusammenSchluss mehrerer Vereine entstand.
Als ich in der
Turnhalle duschte, war es dort schon wieder leer geworden. Vor dem Start
hatten hier lange Warteschlangen brav vor den Toiletten gestanden und so sah
ich denn unterwegs nicht einen Wildpinkler. Besonders freute ich mich auf
die Auszeichnung der besten Kostüme. Der LAV Hamburg Nord hatte
Wertungsrichter rund um die Teichwiesen postiert, die nach eigenem Empfinden
Auszeichnungen verteilten. Die Ehrung wurde später öffentlich in der
Pausenhalle der Teichwiesenschule vorgenommen. Leider kam ich dort viel zu
spät an. Das Gros der kostümierten Teilnehmer lief nur eine Runde. Damit die
nicht lange warten mussten, wurden die Siegerehrungen bereits kurz nach dem
Lauf vorgenommen. Es gab Sachpreise zu gewinnen. Das ging ähnlich wie beim
Preisskat ab. Wer aufgerufen wurde, ging auf die Bühne und suchte sich einen
Preis aus. Der machte einen nicht reicher, aber in Anbetracht des moderaten
Startpreises gab es mehr zu gewinnen, als man erwarten konnte. Neben den
Kostümierten wurden auch die jeweils ersten drei Männer und Frauen über
eine, zwei, drei und vier Runden geehrt.
Im Startpreis war ein Becher Punsch
und ein Berliner inbegriffen. Die holte ich mir dann auch ab. Wer mehr essen
und trinken wollte, konnte dies für wenig Geld tun. Ein Becher
Apfelsaftschorle kostete 30 Cent. Während dessen fertigten viele
fleißige, jungendliche Hände Urkunden für die Teilnehmer. Insgesamt waren sorgten ca. 25
Helfer für einen reibungslosen Ablauf und dafür, dass die Teilnehmer sich
wohlfühlten.
Ein Bild sagt bekanntlich mehr als diese über tausend Worte.
Hundert Bilder vom Silvesterlauf findest Du hier.
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