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Jedermannrennen
bei der Startetappe der Deutschland Tour 2001
Nicht jedes Auto ist ein Besenwagen -
Ein launiger Rückblick auf
104 Kilometer Höhen und Tiefen
beim Jedermann-Rennen
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1
Wochen davor |
Die Veranstalter fordern einen Schnitt von mindestens 30 km/h auf den 96
Streckenkilometern. Letztes Jahr bei den HEW-Cyclassics bin ich die 114
Kilometern mit 30,1 gefahren und hätte unterwegs wegen Krämpfen
beinahe aufgeben müssen. Ich werd's wohl schaffen.
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km
0 - Mönckebergstraße |
Stehe mit Matthias Langendorf, Frank Schäfer und Holger Studtmann am
Start. Die erzählen mir von einem Berg, den wir überfahren werden.
Der soll bei Kilometer 74 liegen. Hier wird mir auch erst bewusst, dass wir vorab noch einige Zusatzkilometer fahren müssen, weil der
Start erst in Harburg erfolgen wird.
Beim Anblick der anderen
Radfahrer wird mir klar, dass hier eine andere Liga an den Start geht,
als bei den Jedermannrennen der HEW-Cyclassics. Hoffentlich kann ich
mithalten.
Es ist ein sehr windiger Tag. Der Wind kommt
aus Osten, wird uns also überwiegend von der Seite umwehen und viel
Kraft kosten.
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km
3 - Versmannstraße |
Die ersten Kilometer des Rennens sind neutralisiert, wohl weil
einige Passagen in der Stadt sehr eng sind. Viele nutzen dies, um
schnell noch zu pinkeln, so auch ich. |
km
3 - Versmannstraße |
Versuche vergeblich nach dem Pinkeln wieder auf meine Kameraden
aufzuschließen. Es ist zwecklos. Das Feld ist schnell, sehr
langgezogen und die Straßen eng. Ich sehe sie erst am Ziel wieder. |
km
6 - Unterführung Neue Elbbrücke |
Die Kabel vom meinem neuer Trittzaehler haben sich auf dem
Kopfsteinpflaster vom Tacho losgerüttelt. Ich hätte sie besser
fixieren sollen. |
km
7 - Wilhelmburger Brücke |
Das Feld wird auf der Brücke gestoppt. Da ich ziemlich am Ende
stehe, kann ich den Grund dafür nicht erkennen. Soll hier der Start
erfolgen? |
km
8 - Georg-Wilhelm-Straße |
Nachdem das Feld gemächlich anrollte, fahren viele nun erheblich schneller.
Ich vermute, dass das Rennen begonnen hat. |
km
10 - Georg-Wilhelm-Straße |
Den Startmoment hab ich wohl verpasst. Es gab keine Startlinie,
keine Zeitnehmerschleife. Aber nun ist klar, dass wir bereits im
Rennen sind. Klar ist auch, weil ein fliegender Start erfolgte, dass
ich einige hundert Meter bis zur Startlinie gefahren war, während
die Zeitnahme schon lief. Letztlich geht somit meine Pinkelpause in
meine Rennzeit mit ein. |
km
71 - Heinsen |
War das eben schon der Berg, von dem meine Sportskameraden erzählt
hatten? Der war doch kein Problem! |
km
75 - Barnstedt |
"Der Besenwagen kommt! Wir sind die letzten." Mit diesen
Worten überholen mich zwei Radler. Kann gar nicht sein, mein Tacho
sagt mir, dass ich über 30 Schnitt gefahren bin. muss die Strecke
vielleicht früher geräumt werden, weil der Start verspätet
erfolgte? |
km
76 - Barnstedt |
Alle haben das Tempo derart verschärft, dass ich nicht mithalten
kann. Bin nun mutterseelenallein unterwegs. |
km
78 - Bardenhagen |
Ein riesiger roter Rettungswagen hängt sich an mein Hinterrad. Ist
das etwa der Besenwagen? |
km
81 - Anstieg zur Bergwertung |
Wenn mich dieser rote Kasten überholt, dann war 's das wohl. Er lässt sich nicht abschütteln, überholt aber auch nicht. Was soll
das? Will der mich ärgern. Und nun das: Es kommt ein Schild mit der
Aufschrift "Bergwertung" und dann geht's richtig bergauf.
Die Tachonadel fällt auf 16, mein Puls steigt auf 180 und der Wagen
weicht nicht von meinem Hinterrad. bloßnicht überholen lassen! |
km
82 - Kuppe der Bergwertung |
Geschafft! Bergab werde ich mir schnell Abstand zum
"Besenwagen" verschaffen können. |
km
83 - Velgen |
Dem Fahrer des "Besenwagens" scheint das Spiel
langweilig geworden zu sein. Er gibt einfach Gas und überholt mich,
scheinbar ohne Notiz von mir zu nehmen. Helmut: Entspann Dich. Ich
sehe ihn nie wieder. |
km
88 - Oetzfelde |
In meinen Oberschenkel habe ich heftige Krampfattacken. Wann ist endlich
Schluss? Ich errechne die Restdistanz mit 8 Kilometern und bin mir
nicht sicher, ob ich das schaffen werde. |
km
91 - Ebstorf |
Auf einem Straßenschild steht, dass es nach Uelzen noch 13 km sind. Das darf doch nicht wahr sein!
Sind wir einen Umweg gefahren? |
km
93 - Ebstorf |
Ich frage einen am Wegrand stehenden Feuerwehrmann, wie weit es denn
noch wäre. Der bestätigt die grausame Wahrheit. Ich hatte wohl
vergessen, die neutralisierte Strecke mit einzuberechnen. Ich
bezweifele, dass das meine Beine mitmachen werden. |
km
102 - Uelzen |
Bin ich mir nun sicher, dass ich es schaffen werde, habe trotzdem nur noch
den einen Gedanken: Wann kommt endlich das mich erlösende Ziel? |
km
104 - Uelzen |
Geschafft. Euphorie will nicht aufkommen, dazu wirken die
Adrenalinschübe von der Besenwagenattacke zu sehr in mir nach.
Sollte ich mich je wieder für so eine Etappe anmelden, werde ich
mich besser vorbereiten, mehr trainieren und mir die Strecke vorher
einprägen. |
Eine
Woche danach - daheim |
Das Durchschnittstempo wurde falsch berechnet worden. Als
Streckenlänge wurde mit 96,0 statt mit den tatsächlich gefahrenen
96,7 gerechnet, dadurch fällt der ausgewiesene Schnitt 0,25
Kilometer langsamer aus. Mein Hinweis an die Firma upsolut bringt
aber nichts. Denen erscheint dies unerheblich zu sein. Schade, wo
die doch sonst alles perfekt ausgearbeitet und durchgeführt hatten. |
Die Ergebnisse meiner Kolleginnen und Kollegen der Haspa findest Du
hier.
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