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Dr. Jürgen Weber. Hier geht's zur Großansicht...Rhein- und Neckar-Radweg - Teil 1 der Fahrrad-Tour von Maisbach (Heidelberg) nach Neuengörs (Bad Segeberg)

Von und mit Dr. Jürgen Weber (RG Roadrunner)

Die Einladung zu einem 50. Geburtstag, eine Woche noch ausstehender Urlaub und mein Drang, mir selbst zu beweisen, zu was ich noch fähig bin, ließen mich den Gedanken fassen, meinen lange gehegten Traum wenigstens zum Teil zu realisieren: mit dem Fahrrad durch Deutschland zu fahren. Als ich zaghaft meiner Frau meinen Gedanken andeutete und sie spontan „warum nicht?“ sagte, war es beschlossene Sache. Fahrrad, Helm, meine alte Packtasche, die Notfallausrüstung und einen ganzen Packen Landkarten wurden ins Auto gepackt. In unserer alten Heimat Maisbach bei Heidelberg entdeckten sie wieder das Licht der Welt und begleiteten mich tapfer die nächsten sechs Tage. Die folgenden Notizen entstanden überwiegend am jeweiligen Abend meiner Tour mithilfe einer trag- und faltbaren Tastatur und meinem Mini-PC-Terminplaner.

Start in Maisbach. Hier geht's zur Großansicht...1. Tag, Montag: Maisbach – Heidelberg – Mannheim – Worms – Mainz

Wenn jeder Tag so ereignisreich wird, wie dieser, dann habe ich schwer was zu erzählen. Dass zu Beginn der Tachometer nicht so recht will, ist kaum der Erwähnung wert. Natürlich fahre ich keinen Meter, wenn meine Leistung nicht ordnungsgemäß dokumentiert wird. Dies war also zuvörderst sicher zu stellen. Viel gravierender fällt die Tatsache ins Gewicht, dass plötzlich meine vordere Hydraulikbremse ihren Dienst versagt. Hydraulikbremsen sind zwar topp, haben aber den Nachteil, dass man sie nicht selbst reparieren kann. Nun gut, denke ich, fahre ich also nur mit der Hinterbremse - ein Gedanke, der sich alsbald als fahrlässig herausstellen sollte.

Ohne Frühstück, nur mit einer Handvoll Gummibärchen im Bauch, die ich mir unter Anführung einer Notlage mit noch nicht einmal schlechtem Gewissen aus dem Bestand meiner Gastgeber, der Gruppe Maisbachtal, genehmige, fahre ich los. Die Topographie der von mir ausgewählten Route will es so, dass gleich zu Beginn meiner Tour die Bergwertung ansteht. Es geht über den Königstuhl nach Heidelberg. Zugegebenermaßen fühle ich mich nicht, als hätte ich das rosa gepunktete Trikot verdient, aber da ich alleine bin, entgehe ich auch dem Schicksal, von einem besseren Kletterer kalt stehen gelassen zu werden.

Oben angekommen, geht es rasend bergab. Spätestens als die Spitzkehren kommen, die mich ziemlich schnell von den erklommenen Höhen nach Heidelberg hinunterführen, erfahre ich, warum ein Fahrrad zwei Bremsen benötigt. Ich muss alle Gewalt aufbringen, um die Hinterbremse ihren Dienst derart versehen zu lassen, dass ich einigermaßen ordnungsgemäß und unauffällig hinunter komme und nicht irgendwo in der Böschung lande.

In dem romantischen Städtchen, in dem ich meine wissenschaftliche Ausbildung erhielt, lasse ich erst gar nicht nostalgische Gefühle aufkommen, sondern steuere sogleich einen Fahrradladen an, um meine Bremse wieder in Ordnung bringen zu lassen. Der Inhaber ist die Freundlichkeit in Person. Er fährt mich sogleich an, dass er einen Haufen Arbeit und für so was keine Zeit hätte. Ich verabschiede mich freundlich und bedanke mich für die große Hilfsbereitschaft, nicht ahnend, dass ich heute noch einmal in meiner freundlichen Art bissig bis arrogant reagieren werde.

Der Rhein. Hier geht's zur Großansicht...Nachdem ich mich durch die längst nicht mehr bekannten Wege und Irrwege zum Neckar durchgeschlagen habe, geht es bequem am Fluss entlang bis Mannheim. Kleine Ärgernisse wie schlecht ausgeschilderte Baustellen und mysteriöse Wegführung werden durch Erfolgserlebnisse ausgeglichen wie z. B. dass ich mit meinem bepackten Tourenrad erst fünf Minuten hinter zwei Rennradlern hinterherfahre und sie dann cool überhole. Manchmal ist man eben doch ein kleiner Junge.

In Mannheim wird es etwas chaotisch, Fahrräder haben offenbar dort nichts verloren, die Radwegführung ist nicht nachzuvollziehen. Die Einheimischen, die ich frage, geben freundlich und kompetent Auskunft. Dies weiß ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht recht zu würdigen. Am Ende des Tages, der mir so manche Unfreundlichkeit und Ahnungslosigkeit beschert, erscheint die Hilfe der Mannheimer in anderem Licht.

Vielleicht ist es ja die eigene landsmannschaftliche Betroffenheit, aber mein Urteil über meine Pfälzer Rassegenossen ist nach dem heutigen Tag sehr negativ. Auch das allerorten zu hörende Bekenntnis zum Fremdenverkehr und Förderung des Fahrrades scheint mehr ein Lippenbekenntnis zu sein: Miserable Beschilderung, Streckenführung, die jeder Logik entbehrt und vor allem unvollständige Wegführung, die irgendwann abbricht und irgendwann dann wieder auftaucht.

Zwei Orte aus der heutigen Tour werden mir noch lange in Erinnerung bleiben: die pfälzischen Osthofen und Mettenheim.

Osthofen

Einen Sonderpreis für kulturelles Engagement wollte sich wohl das Städtchen Osthofen verdienen. Nachdem ich mich verfahren habe und etwas hilflos um mich her schaue, entdecke ich einen Übersichtsplan auf einer Tafel und beginne mich zu orientieren. Die Stadtväter haben wohl unbegrenztes Vertrauen in die Intelligenz ihrer Besucher, sie verzichten nämlich darauf, den Standort zu markieren. Diesen muss man vielmehr durch pfadfinderisches Umherschauen und Herumsuchen selbst ermitteln. Dabei fällt auf, dass Osthofen offenbar bestrebt ist, Kulturhauptstadt mindestens der Region, wenn nicht gar des Landes zu werden. Nicht Kaiser-Wilhelm oder die Partnerstadt in Frankreich leihen hier den Straßen ihre Namen, sondern die literarischen und musikalischen Größen Deutschlands. Goethe, Schiller und Lessing sind hier natürlich vertreten, die kennt man ja schon aus Monopoly, schon anspruchsvoller sind die Straßen, die nach Bach, Mozart, Haydn und Beethoven benannt sind; ja selbst Gustav Mahler, dessen Musik wohl nur wenige Osthofener überhaupt kennen geschweige denn schätzen dürften, wurde für würdig befunden, einem Sträßlein seinen Name zu leihen.

Der beeindruckende Stadtplan soll wohl kulturelle Belesenheit und Kompetenz dokumentieren, Skeptiker könnten allerdings auch urteilen, dass dies nur von der Kompetenz eines städtischen Mitarbeiters zeugt, die Suchworte "berühmte deutsche Künstler" in Google einzugeben. Bei all dem Stolz auf die eigene Kulturbeflissenheit haben die Stadtväter allerdings vergessen, auf den Verkehrshinweisschildern andere Angaben als innerörtliche Wegweiser anzubringen. So findet man zwar problemlos die Osthofener Post, die Schule, das Sportzentrum und das Bürgermeisteramt, wo es allerdings in die nächst gelegenen Ortschaften geht, bleibt im Dunkeln. Von so weit entfernten Metropolen wie der Landeshauptstadt Mainz ganz zu schweigen. Ich bin meinem Schöpfer dankbar, dass er mich für würdig befunden hat, eine akademische Ausbildung durchlaufen zu dürfen, so konnte ich mit detektivischem Spürsinn im wahrsten Sinne des Wortes den Ausweg aus meinem Dilemma finden.

Der Rhein. Hier geht's zur Großansicht...Mettenheim

Auch der Nachbarort weiß zu glänzen und seine besondere Eigenart so darzustellen, dass er mir wohl längere Zeit im Gedächtnis haften bleiben wird. Dieser Ort Mettenheim bleibt bei seiner Straßenbenennung demutsvoll bescheiden und wagt in keiner Weise, mit der kulturell so hoch stehenden Nachbarstadt zu konkurrieren. Hauptstraße, Dorfstraße und Zum Wingert heißen wenig phantasievoll die Straßen und verraten nicht gerade von gemeindlichem Selbstbewusstsein. Mettenheims Qualitäten liegen woanders.

Offenbar um überzählige Steuergelder zu verbauen, hat man sich entschlossen, die gesamte Ortsdurchfahrt der Gemeinde neu zu gestalten. Zu diesem Zweck wurde das ganze Dorf aufgerissen. Ordnungskonform wie ich bin, steige ich also ab und schiebe mein Fahrrad über einen Kilometer über eine Schotterschicht. Als ich mich dem Dorfmittelpunkt nähere, stelle ich erfreut fest, dass man hier bereits weiter ist und eine Teerdecke aufgebracht hat. Ich steige also wieder aufs Fahrrad und fahre die abschüssige Straße hinab. Mettenheim wäre jedoch nicht Mettenheim, wenn sich die Gemeindeväter nicht etwas ganz Besonderes hätten einfallen lassen. Im Dorfmittelpunkt, der exakt den Kreuzpunkt von Dorf- und Hauptstraße darstellt, hat man nämlich ein etwa ein Quadratmeter großes Loch gelassen, das 30 cm tief ist und aus kosmetischen Gründen mit Sand gefüllt wurde.

Damit der Besucher diesen Umstand nicht sogleich merkt, wurde der umliegende Asphalt ebenfalls dekorativ mit Sand überstreut. Und die Mettenheimer haben ganze Arbeit geleistet, bei mir hat es geklappt. Ich fahre nichts ahnend auf den Dorfmittelpunkt zu, entdecke das Loch zu spät und treffe das Kleinod mittendrin. Mein Vorderrad versinkt, das Hinterrad steigt in die Luft und wirft mich wie bei einem Rodeo in hohem Bogen auf die Straße.

Ich schaue mich um und erwarte, dass aus einem der umstehenden Häuser das Kamerateam von "Verstehen Sie Spaß" herauskommt, aber nichts passiert. Wahrscheinlich stehen die Mettenheimer hinter den Gardinen und lachen sich ins Fäustchen.

Fluchend erhebe ich mich, sortiere meine Knochen und beschaue mir das Fahrrad. Zum Glück ist mein Vorderrad noch heil, aber die Hinterbremse hat sich verbogen und läst keine Bewegung des Rades mehr zu. Wäre ich Jan Ullrich, so stünde jetzt sofort ein Ersatzrad bereit. Aber kein Servicewagen in Sicht. Also heißt es, selbst reparieren. Ich stelle mir vor was wohl ist, wenn ich die Bremse nicht wieder flott kriege und denke schon ans Aufgeben, denn Fahrradfahren ganz ohne Bremsen ist ein Wagnis, das etwa dem Bunjeespringen ohne Seil gleichkommt. Aber meine technischen Fertigkeiten reichen aus. Die Reparatur kostet mich allerdings eine ganze Stunde und hinterlässt mich als total verschmutzten, wenig salonfähigen Gesellen.

Ich denke, das reicht an Erfahrungen für die heutige Tour und rechne nicht damit, dass dieses Erlebnis noch getoppt werden sollte, allerdings in einem gänzlich anderen Bereich. Immerhin kam bei dem heutigen Tage das Zwischenmenschliche doch allzu kurz.

Ich fahre brav den mir von den kleinen, versteckten und häufig nicht zu sehenden Schildern für den Rheinradweg nach und gelange auf einen Wirtschaftsweg inmitten von Weinbergen. Vor mir fährt langsam ein roter Golf mit offener Tür. Vor dem Golf läuft ein Hund. Aha, denke ich, Gassigehen mit Auto.

Links vorbei kann ich nicht, weil die Tür offen steht, also fahre ich langsam rechts vorbei. Plötzlich wird die Frau in dem Auto lebendig und beginnt gleich mit einer in ihrer Vertraulichkeit ungewohnten Anrede. "Was bist du denn für ein großes Arschloch, du bist ja wohl nicht ganz dicht, ich hole dich gleich von deinem Rad" spricht sie in erregtem Ton. Ich weise die Dame in freundlichem Ton darauf hin, dass es wohl auch etwas ungewöhnlich ist, seinen Hund (ich gestehe es, ich habe ein anderes Wort gebraucht, wiederhole dieses jedoch mit Rücksicht auf die emotional etwas inniger an diese Tiergruppe gebundenen Leser nicht) mit dem Auto spazieren zu fahren. Darauf erwiderte die Dame, dass dieses ihr Wingert sei und dass es mich einen Sch... (na Ihr wisst schon) angehe, was sie hier mache. Um den Ton etwas zu versachlichen, ziehe ich einen Zettel aus meiner Tasche und beginne demonstrativ die Autonummer des Golfes aufzuschreiben und informiere die Dame darüber, dass ich sie anzeigen werde. Auf die in dem gewohnten Ton und dem dieser Winzersfrau eigenen und mit ihrem Äußeren durchaus kompatiblen Wortschatz entgegengebrachte Frage, weswegen ich sie denn anzeigen wolle, sage ich "persönliche Beleidigung". Auf ihren in der gewohnt netten Form dargebrachten Vorschlag, die Polizei möge bei mir eine Alkoholprobe machen, kann ich meine Lachmuskel allerdings nicht mehr im Zaume halten und rufe der Dame entgegen, dass das aus dem Munde einer berufsmäßigen Alkoholikerin ja wohl etwas merkwürdig sei. Ich kläre die Dame, zugegeben aus sicherer Entfernung, im übrigen darüber auf, dass Benehmen keineswegs Glücksache sei, sondern irgendwie auch mit Intelligenz zu tun habe, und hier ermangele es ihr doch erheblich. Den Zettel mit der Autonummer habe ich selbstverständlich weggeworfen. Ich bin doch nicht blöd.

In Mainz erreiche ich mühelos die Jugendherberge und werde in ein Vier-Bett-Zimmer einquartiert. Zu mir gesellen sich noch zwei junge Amerikaner, von denen einer aus Boston das Programm „Europa in drei Tagen“ absolviert. Als er mich in meine kleine Tastatur schreiben sieht, ist er hellauf begeistert. „Yeah, it’s great“ ruft er aus. Ich weiß allerdings nicht, ob er damit die moderne Technik meint oder nur die Tatsache, dass so ein alter Sack wie ich mit so was umgehen kann.

Am Abend kommt noch ein junger Rennfahrer, der ebenfalls schwer bepackt den Rhein entlang radelt, leider in die Gegenrichtung, wie ich bedauernd feststelle, denn gerne wäre ich mit dem sympathischen Burschen zusammen gefahren (wenn ich überhaupt mitgehalten hätte).

An diesem Abend stelle ich auch fest, dass ich besser daran getan hätte, mir eine neue Packtasche zuzulegen. Der kleine riss in der alten, den ich zu spät bemerkte, hat sich derart vergrößert, dass er den ungeschützten Blick in die Innereien meiner Tasche freigibt. Dies wäre zu verschmerzen. Die Aussicht dagegen, dass beim nächsten Regen mein Gepäck klitschnass werden würde, und vor allem die Befürchtung, dass bei einer weiteren Vergrößerung des risses eine einseitige Amputation der Tasche droht, lassen mich zur Tat schreiten. Einer freundlichen Jugendherbergs-Mitarbeiterin kann ich zwei größere Sicherheitsnadeln abschwatzen, denen es tatsächlich gelingen sollte, über die gesamte Strecke das Malheur in Zaum zu halten. Bereits zu diesem Zeitpunkt komme ich freilich nicht umhin, meiner alten Packtasche mit dem Ausdruck größten Bedauerns mitzuteilen, dass dies ihre letzte Fahrt sein werde und ich sie nach dieser Tour in den vorzeitigen Ruhestand zu versetzen gedenke. Ich verschweige geflissentlich, dass dies auch für Packtaschen in den heutigen Zeiten der Gang in die Mülltonne bedeutet.

Bingen. Hier geht's zur Großansicht...2. Tag, Dienstag: Mainz – Bingen – Koblenz – Bad Ems

Heute ist mein Wildnis-Erlebnistag, verursacht wie sich herausstellte durch meine eigene Dusseligkeit. Zwischen Mainz und Bingen werden die Uferanlagen komplett erneuert, umgestaltet oder was auch immer. Auf jeden Fall ist es eine riesige Baustelle, die streckenweise die Rheinufer in eine Mondlandschaft verwandelt. Über diese Baustelle informiert zwar eine Tafel, die neben allgemein Wissenswertem nebenbei auch erwähnt, wie man als Fahrradfahrer das Gebiet weiträumig umfährt, ein Umleitungsschild oder sonstiger deutlich sichtbarer Hinweis fehlt jedoch.

Wer nicht absteigt und sich erst einmal in die Lektüre dieses Schildes vertieft (wie ich später erfuhr taten dies andere Radler ebenso wenig wie ich) der bekommt Gelegenheit zu einem kostenlosen Überlebenstraining. Ich sehe zwar das Schild, wiege mich jedoch aus Erfahrung in solchen Situationen in der Sicherheit, eine Baustelle sei nur ein Hindernis für Autos, nicht aber für Radler. Ich fahr die ziemlich stark verschmutzte Straße entlang, die sich allerdings immer mehr zu einer Sand- und da es kurz vorher geregnet hatte, einer Schlammwüste entwickelte. Damit das Ganze nicht so langweilig wird, gibt man mir zwei Begleitfahrzeuge mit, einen voll beladenen LKW vor mir, der den Weg so richtig schön aufpflügt, und einen ebensolchen hinter mir, damit ich erst gar nicht auf den Gedanken kommen kann, eine Verschnauf- oder Verzweiflungspause einzulegen. Unwillkürlich kommen bei mir fernöstliche Urlaubsgefühle auf, erinnert mich die Landschaft doch an thailändische Tropenwaldareale kurz nach dem Ende der Regenzeit. Inmitten der Baustelle angelangt, weisen mein Fahrrad, meine Beine und Schuhe eine einheitliche gelbliche Farbe auf und sind mit Schlamm überzogen.

Bingen. Hier geht's zur Großansicht...Doch die Planer der Baustelle scheinen auch für diesen Fall Abhilfe bereit zu halten. Beim nächsten Abschnitt der Baustelle ist es nämlich unmöglich, den schmierigen Wall zu überwinden. Es bleibt mir nichts anderes übrig als mit meinem voll bepackten Fahrrad die dicht bewachsene Böschung herunterzupurzeln und ca. einen Kilometer durch meterhohes Gras und Gestrüpp zu stapfen. Das Gute daran ist: die Pflanzen sind nass und mein Fahrrad wieder sauber. Doch ich habe mich zu früh gefreut. Der dritte Abschnitt der Baustelle bietet mir keinerlei Ausweichmöglichkeit.

Ich weiß schlicht nicht mehr, was ich tun soll. Da es mir an Kriegserfahrung mangelt, krame ich irgendwelche Weisheiten hervor, die besagen, vorwärts in die Gefahr hinein ist besser als Rückzug. Also entschließe ich mich dazu, das angrenzende Wäldchen zu durchqueren, in der Meinung, weit könne die nächste Ortschaft ja nicht sein. Das Wäldchen entpuppt sich allerdings als ein Biotop, dessen naturbelassener Zustand das Herz jedes Ökologen höher schlagen lässt: Jede Menge umgefallene Bäume, Totholz, überwachsene Sumpflöcher und dergleichen. Meine Fortbewegungsart mit meinem Fahrrad ist dementsprechend, dass dieses Verkehrsmittel Räder hat, ist nun eher hinderlich als von Vorteil.

Der Altrhein. Hier geht's zur Großansicht...Wieder denke ich an Thailand, diesmal an den Urwald ohne Regenzeit. Meine Kette ist mittlerweile abgelaufen, um die Zahnräder schlingen sich Grünpflanzen und kleine Äste haben sich in die Räder verwunden. Ich schleppe mein schweres Rad durch die Wildnis und begrüße dankbar meine Entscheidung vor der Tour, einen Helm aufzusetzen, ohne diesen würde ich nämlich so manche Beule und einige Kratzer auch am Kopf davon getragen haben. Als ich eine vermeintlich rettende Lichtung entdecke, klopft mein Herz erfreut, es handelt sich jedoch verhängnisvollerweise um einen Altrheinarm, der mir meine vertrackte Lage noch deutlicher werden lässt.

Ich möchte hier dieses Abenteuer nicht über Gebühr ausdehnen. Kurzum: irgendwie finde ich doch heraus aus dem Dickicht und schiebe mein Fahrrad unter Aufbieten der letzten Kräfte eine steile Böschung hoch und erreiche meinen so ersehnten Schlammweg. Meine Beine bieten ein erbärmliches Bild: übersät mit Brennessel-Pusteln, verkratzt und von Bremsen verstochen, und sie sehen nicht nur so aus, sie fühlen sich auch danach an.

Während der gesamten rund eineinhalb Stunden meines Abenteuers habe ich mich lediglich dadurch bei Laune gehalten, dass ich einen ungemein witzigen, ironisch anklagenden Text über die Dämlichkeit der verantwortlichen Planer formuliere, die es versäumt haben, den Radtouristen auf die Baustelle hinzuweisen, und den ich dem örtlichen Landratsamt zukommen lassen will. Darauf verzichte ich jedoch angesichts der Beschämung, die mich beschleicht, als ich nicht nur entdecke, dass ich im Kreis gefahren bin, sondern dass am Eingang zu der Baustelle das besagte Hinweisschild mit (allerdings) klein geschriebenem Hinweis auf die Umleitungsregelung angebracht ist. Im Nachhinein ärgert mich mehr, auf diesen im Kopf formulierten Text verzichten zu müssen, als das unangenehme Erlebnis selbst.

Die Loreley. Hier geht's zur Großansicht...Warum ist es am Rhein so schön? Bisher wusstee ich es nicht, heute kann ich es nachvollziehen. Der Radweg, der fast immer direkt am Fluss entlang führt, gibt einen schönen Blick auf die Landschaft, die nicht umsonst so berühmt geworden ist. Wie in einer Spielzeuglandschaft stehen Burgen auf den Bergen, fahren Züge durch Tunnels, begegnen sich Ausflugsschiffe mit Schwerlastkähnen, sind die Ufer gesäumt von schmucken alten Häuschen. An einigen der am Wege liegenden Städtchen mache ich Halt, Boppard gefällt mir besonders gut.

Dann geht es weiter bis nach Koblenz, wo ich einige Kilometer kreuz und quer fahre, bis ich endlich die richtige Brücke auf die andere Rheinseite finde. Von dort geht es an der Lahn entlang zunächst bis Bad Ems.

Das Ende der heutigen Tour wartet mit einer kleinen Überraschung auf: zur Jugendherberge, auf die kaum ein Hinweisschild aufmerksam macht und zu der ich mich erst durchfragen muss, führt ein zwei km langer steiler Aufstieg hinauf mit angezeigten 16% Steigung. Ich schiebe es einmal auf die Tatsache, nicht rechtzeitig in den kleinsten Gang geschaltet zu haben, dass ich absteigen muss. Es kann allerdings auch sein, dass ich keine Kraft mehr habe. Diesen Berg, denke ich, muss ich morgen früh wieder runterfahren, ohne Vorderbremse, das wird noch schwieriger. Verhindert durch den hohen Baumbestand rings um die Jugendherberge werde ich dann noch nicht mal mit einer schönen Aussicht für den qualvollen Aufstieg entschädigt.

Hier geht's zum Teil 2 - Lahn, Eder und nach Hause

Jürgens aus den Erfahrungen gewonnenen Erkenntnisse findest Du hier

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