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HEW-Cyclassics
1999 - Zwei Novizen fahren ihre ersten Cyclassics
Ein
launiger
Rückblick auf Höhen und Tiefen bei meiner erstmaligen Teilnahme am 55 km langen Jedermann-Rennen
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3
Monate davor – Haspa |
Hab
mich durch meine täglichen Fahrten mit dem Rad zur Arbeit dazu
hinreißen lassen, mich erstmalig zu den HEW-Cyclassics anzumelden. 55 km
sollten doch wohl zu schaffen zu sein. Hab mein 24 Jahre altes
Rennrad nach etlichen Jahren Nichtgebrauch ausgemottet. |
1
Stunde davor – Innenhof Haspa-DZN |
Dr.
Karl-Joachim Dreyer, der Sprecher des Vorstandes der Haspa,
wünscht uns viel Erfolg. Ich habe das Glück, einige Worte mit ihm
wechseln zu können. Mit
Gerd Wütherich - der heißt nur so, ist in Wahrheit ein lieber
Kollege - verabrede ich, dass wir zusammen fahren werden. |
km 0
– Binnenalster |
Wir
stehen in unseren neuen Haspa-Trikots am Start. Darin sieht man aus
wie ein explodierter Wellensittich, aber sie sind von guter
Qualität und wir sind für Insider auf Anhieb als Haspanesen zu
erkennen. |
km 8 |
Mein
Schuhband hat sich zwischen Kurbel und Pedalhaken losgetüdelt. Ich
muss anhalten, rufe Gerd zu, er solle einfach weiterfahren. |
km 10 |
Es
ist kein Problem einen neuen Mitfahrer zu finden. Im Gegenteil. Es
ist mir viel zu voll auf der Straße. Immer wieder überholen mich
Blödmänner mit Tunnelblick im Abstand von nur wenigen Zentimetern. |
km 20 |
Meine
Schaltung funktioniert hinten nicht mehr richtig, hätte sie besser ölen
sollen. Halte an und stelle fest, dass sie doch schaltet. Allerdings
muss man dafür im Stand das Hinterrad hochhalten. Ich überlege, wie ich damit am besten die
Anstiege rauf und runter kommen. Kollege Wütherich ist wohl schon
weit vor mir.
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km 22 |
Vor
mir sitzt ein geschockter junger Mann weinend im Straßengraben.
Kurz dahinter liegen Räder und Radler auf der Straße. Das ist es
nicht wert! Ich beschließe,
dass Rennen zu genießen, atme tief durch und entspanne mich. Ist doch letztlich egal, wann ich ankomme. |
km 25 |
Die
Schaltung funktioniert wieder, warum auch immer. |
Wedel |
Da
ist Gerd wieder! Wir plaudern angeregt über unsere Erlebnisse.
Plötzlich sagt er: "Du, da hat grad ne blonde Deinen Namen
gerufen!" "Wer?" "Wo?" Ich kann sie nicht mehr erspähen.
Egal, das beflügelt mich. Unbewußt will ich einen Gang höher
schalten, bin aber schon im höchsten. Später erfahre ich, dass es
Katrin Behrens war, die mir zu diesem Motivationsschub verhalf. |
Anstieg zum Kösterberg |
Viele
Leute hatten mir erzählt, wir müßten über den gefürchteten
Waseberg fahren. So 'n Quatsch! Der ist mehr als doppelt so steil und
nur den Profis vorbehalten. Zahlreiche Zuschauer sprechen uns Mut
zu. "Noch 300 Meter." Neben mir fangen die ersten an zu
schieben. "Noch 100 Meter." Obwohl
mein altes Rennrad keine Berggänge hat, muss ich nicht aus dem
Sattel steigen, komme ohne große Mühe über die Bergkuppe. |
Blankenese |
Hab
Gerd wohl irgendwo am Berg im Gewühl ungewollt abgehängt. |
Elbchaussee |
Dieser
Blick auf die Elbe ist einfach toll! Ich hebe den Oberkörper, lasse
meine Blick schweifen, das Rad rollen und genieße die Aussicht. |
Axel-Springer-Platz |
Mist!
Die letzten paar hundert Meter fahren wir nur noch im Schritttempo.
Zielstau nennt man das. So rutscht mein Schnitt auf knapp unter 30,
meine Zeit auf etwas über zwei Stunden. Ärgerlich!
Drei Minuten nach mir schiebt auch Gerd sein Rad über
die Ziellinie. |
1
Minute danach – Mönckebergstraße |
Ich
könnte wohl noch weiter fahren, aber das Gehen bereitet mir
erhebliche Schmerzen. |
1
Tag danach – Haspa, Weg zwischen DZN und Flamme-Gebäude |
Roger
Schwarz, unser Abteilungsleiter, gratuliert mir aus dem Auto heraus
dazu, dass ich vor Gerd ins Ziel gekommen war. Auf mich, den
deutllich älteren mit damals über 90 kg Gewicht bei 170 cm
Körpergröße hätte wohl niemand gewettet. |